- Entscheidungsträger und Experten trafen sich in Ruanda, um den Anstieg nicht übertragbarer Krankheiten in Afrika zu diskutieren, mit einem besonderen Fokus auf Typ-2-Diabetes. Die Anzahl der Typ-2-Diabetes-Fälle in Subsahara-Afrika stieg zwischen 1980 und 2021 signifikant und könnte sich bis 2045 verdoppeln. Die genetische Vielfalt in Afrika bietet wertvolle Einblicke für die Forschung und das Verständnis von Typ-2-Diabetes. Studien haben ein bestimmtes Gen namens ZRANB3 identifiziert, das eine Rolle bei Typ-2-Diabetes in afrikanischen Populationen spielen könnte. HbA1c-Blutuntersuchungen sind möglicherweise nicht effektiv für die Diagnose von Diabetes in Menschen afrikanischer Abstammung.
Seit jeher fokussiert sich der afrikanische Kontinent auf ansteckende Krankheiten wie HIV und Tuberkulose. Doch Anfang Februar versammelten sich etwa 700 Entscheidungsträger, Akademiker und Philanthropen in Kigali, Ruanda, um über den alarmierenden Anstieg nicht übertragbarer Krankheiten in der Region zu diskutieren. Besonders beunruhigend sind die rapide ansteigenden Raten von Typ-2-Diabetes. In diesem Jahr stieg die Anzahl der Menschen in Subsahara-Afrika mit Typ-2-Diabetes von vier Millionen im Jahr 1980 auf 23,6 Millionen im Jahr 2021 an. Prognosen deuten darauf hin, dass sich diese Fälle bis 2045 auf 54,9 Millionen verdoppeln könnten, was auf die raschen Lebensstiländerungen zurückzuführen ist, die auch in anderen Teilen der Welt beobachtet werden: sich wandelnde Ernährungsweisen und abnehmende körperliche Aktivität.
Genetische Vielfalt als wissenschaftlicher Schatz
Diese Herausforderung erfordert dringende Aufmerksamkeit, könnte jedoch auch die Gelegenheit bieten, ein besseres Verständnis dieser tödlichen Erkrankung zu erlangen und effektivere sowie inklusivere Behandlungen zu entwickeln. Segun Fatumo, ein Genetikprofessor an der Queen Mary University of London, leitet derzeit Studien über Typ-2-Diabetes in Uganda und Malawi und betont, dass viele dieser Patienten noch nicht mit Medikamenten behandelt wurden. Dies bietet Forschern eine seltene Gelegenheit, die natürliche Geschichte der Krankheit zu studieren – von ihrer Entwicklung über den Verlauf bis hin zur Reaktion auf verschiedene umwelt- und genetische Faktoren. Fatumo beschreibt diesen Prozess als das Studium eines Buches von der ersten Seite an, anstatt mitten im Text einzusteigen. Die genetische Vielfalt auf dem afrikanischen Kontinent ist wissenschaftlich äußerst wertvoll. Afrikanische Bevölkerungen bieten durch ihre genetische Vielfalt eine wahre Goldgrube für die Wissenschaft.
Studien in afrikanischen Populationen haben bereits einige grundlegende Verständnisse in Bezug auf die Biologie von Typ-2-Diabetes in Frage gestellt. Traditionell wird die Erkrankung mit Fettleibigkeit assoziiert, bei der die Anhäufung von viszeralem Fett in der Leber und der Bauchspeicheldrüse die Insulinproduktion und Blutzuckerkontrolle beeinträchtigt. Doch in vielen afrikanischen Fällen scheint dies nicht der Hauptfaktor zu sein.
Neues Verständnis für Typ-2-Diabetes
2019 identifizierte eine Untersuchung von über 5.000 Typ-2-Diabetes-Patienten in Ghana, Nigeria und Kenia ein bestimmtes Gen, das mit der Krankheit in Verbindung steht: ZRANB3. Diese Studie zeigt, dass einige Individuen Varianten von ZRANB3 tragen, die bedeuten, dass sie entweder weniger insulinproduzierende Betazellen produzieren oder Schwierigkeiten haben, eine ausreichende Anzahl dieser Zellen aufrechtzuerhalten. Tinashe Chikowore, ein Forscher am Brigham and Women’s Hospital und der Harvard Medical School, sieht in diesem Gen ein potenzielles neues Ziel für Medikamente. Die Wahrscheinlichkeit, dass viele Diabetiker diese spezifische afrikanische Mutation sowohl in Subsahara-Afrika als auch in der afrikanischen Diaspora weltweit tragen, muss untersucht werden.
Interessanterweise scheinen afrikanische Männer einem besonderen Risiko ausgesetzt zu sein. Eine Untersuchung von mehr als 6.500 mittelalten Erwachsenen aus vier Subsahara-Ländern zeigte, dass männliches Geschlecht nach der Familiengeschichte einer der größten Prädiktoren für das Risiko von Typ-2-Diabetes ist. Es gibt viele mögliche Erklärungen dafür, von bisher unentdeckten genetischen Varianten bis hin zur physiologischen Struktur der Bauchspeicheldrüse. Einige Männer entwickeln Typ-2-Diabetes, obwohl sie ein gesundes Gewicht haben, was auf komplexe Faktoren hindeutet, die noch besser verstanden werden müssen.
Das Verständnis dieser speziellen Fälle könnte nicht nur den Weg zu neuen Behandlungen ebnen, sondern auch verbesserte Screening-Methoden ermöglichen. Aktuell basieren die Diagnose- und Verlaufsüberwachungsmethoden vor allem auf Plasma-Glukose-Tests und HbA1c-Blutuntersuchungen. Doch letztere erweisen sich in einigen Populationen als ineffektiv. Letztes Jahr wurde hervorgehoben, dass Menschen afrikanischer Abstammung oft später diagnostiziert werden, weil sie aufgrund eines genetischen Enzymmangels niedrigere HbA1c-Werte zeigen. Dies schützt zwar vor Malaria, verschleiert aber die tatsächlichen Blutzuckerwerte und führt zu vermeidbaren Komplikationen.