In einer digitalen Oase, die vor allem für Cineasten gestaltet wurde, die ihre Leidenschaft für das Kino teilen, hat sich ein erheblicher Disput entfaltet. Auf Letterboxd, einer Plattform, die sich wie ein nostalgisches Relikt des frühen Internets anfühlt, kochte ein schwelender Konflikt hoch, der selbst namhafte Regisseure dazu veranlasste, Stellung zu beziehen. Anders als erwartet, drehte sich der Zwist nicht um cineastische Meisterwerke oder klassische Filme, sondern um die Welt des Anime.
Der Auslöser des Dilemmas war eine Aktualisierung der Top-250-Liste durch die Kuratoren der Plattform am 9. September. Ein Film, der von Platz 23 der Liste auf Abwegen geriet und völlig verschwand, war „End of Evangelion“. Dave Vis, ein einflussreicher Entscheider, bezeichnete die Entfernung als eine Anpassung an die Zulässigkeitsregeln, die nach sorgfältiger Überlegung stattfand. Viele Nutzer von Letterboxd waren alles andere als überzeugt, dass diese Entscheidung wirklich mit gebotener Umsicht getroffen wurde.
Sturm im digitalen Wasserglas
Die Liste, auf der auch „End of Evangelion“ weichen musste, wurde zu einem Kesseldruck aus Wut, Meinungsverschiedenheiten und Verwirrung. Ein Sturm des Unmuts fegte durch die sonst so friedvolle Gemeinschaft. Letterboxd, das seit seiner Gründung im Jahr 2011 kontinuierlich gewachsen ist und nun über 15 Millionen Nutzer*innen zählt, hatte sich im Großen und Ganzen von den typischen Wachstumsschmerzen freigehalten. Dennoch brachte die Corona-Pandemie dem Portal einen Aufschwung, als Filmfans während der Lockdowns der Reihe nach Film-Marathons veranstalteten.
Der Rückschritt, den eine auf die 2000er Jahre zurückgehende Internetgemeinschaft macht, bedeutet oft auch, alte Spannungen zwischen Moderatoren und Nutzern wieder aufleben zu lassen. Genau das ereignete sich, als „End of Evangelion“ von den Top-Listen gestrichen wurde. Die Diskussion verlagerte sich schnell auf weniger moderierte Plattformen wie X und löste dort heftige Reaktionen aus. Die Entscheidung wurde als „unverständlich“ und „ungerecht“ bezeichnet. Einige namhafte Filmkritiker kritisierten die Entfernung ebenfalls.
Der Charme des Nerd-Daseins
Ein Blick zurück auf die Geschichte von „End of Evangelion“ zeigt, dass es sich um ein bahnbrechendes Anime-Meisterwerk handelt, das nicht nur von Neon Genesis Evangelion, sondern auch von zahlreichen anderen Künstler*innen inspiriert wurde. Die Serie aus den 90er Jahren hatte mit etlichen Herausforderungen zu kämpfen, darunter zeitliche und finanzielle Engpässe sowie Änderungen von Seitens der Fernsehanstalten. „End of Evangelion“, ein Jahr später in japanischen Kinos veröffentlicht, wurde als alternatives Ende präsentiert – näher an der ursprünglichen Vision der Schöpfer.
Das Ergebnis war beeindruckend und hinterließ einen bleibenderen Eindruck als die Serie selbst. In dieser Diskussion sind es genau solche gefühlsgeladenen und nostalgisch geprägten Dispute, die die Grundlage nahezu jeder Internetgemeinschaft bilden. Solche Veränderungen heizen die Leidenschaft der Community an, was an der lebhaften, wenn auch teilweise hitzigen Debatte über die Berechtigung solcher Werke sichtbar wird.
Länger anhaltende Auswirkungen
Letzten Endes kehrte „End of Evangelion“ weniger als 48 Stunden nach der Entfernung in die Listen zurück. Doch die Diskussionen darüber, welche Filme aufgenommen werden sollten, und welche nicht, dürften anhalten. Denn das Bedürfnis nach Struktur und Kritik in der Kunst zieht immer wieder den Fokus auf sich, begleitet von den sehr menschlichen Reaktionen der Community – eine Thronfolge in Sachen Film, die nie vollends abgeschlossen sein wird.
So bleibt Letterboxd ein belebtes Zentrum für Filmliebhaber. Entscheidungen haben Auswirkungen, und während die Plattform weiterwächst, steigen auch die Herausforderungen, die mit solchen Entscheidungen einhergehen. Ein lebendiges Beispiel für die Macht der Gemeinschaft und die Herausforderungen, die das digitale Leben mit sich bringt.