- Unzufriedenheit mit Chatbots
- Standardantworten und Probleme
- Möglichkeiten und Grenzen von Chatbots
- Die Rechtslage bei Chatbots
Der auf KI spezialisierte Jurist Tim Brockmann hat die Probe aufs Exempel gemacht: Übers Internet wollte er einen Termin beim Kieler Integrationsamt vereinbaren. Auf der Website bekam er es mit dem Chatbot InA zu tun. Sein Anliegen wurde zunächst mit einer allgemeinen Erklärung zum Integrationsamt beantwortet. Nachdem er noch einmal „Ich brauche einen Termin“ geschrieben hatte, antwortete die KI: „Begleitende Hilfen können nur für bestehende Anstellungsverhältnisse gewährt werden. Ich habe den Vorgang beendet.“ Brockmann ließ nicht locker, bat ein drittes Mal um einen Termin. „Oh Entschuldigung, zu diesem Thema kann ich leider gar nichts sagen”, lautete nun die Antwort.
Unzufriedenheit mit Chatbots
Nein, eine Hilfe war InA wahrlich nicht. „KI weiß derzeit nichts“, lautet Brockmanns ernüchterndes Urteil daher. So wie ihm geht es vielen Menschen, die es in Sachen Kundenservice mit Chatbots zu tun haben – sei es über soziale Medien, Websites oder am Telefon. Die Verbraucherzentrale hat dazu eine Untersuchung durchgeführt und gelangt zu dem Fazit: „Die an dem Aufruf beteiligten Verbraucher und Verbraucherinnen zeigten sich unzufrieden mit der Kundenkommunikation im Bereich Onlineshops, aber auch weiterer Dienstleistungen, etwa im Energie- oder Finanzsektor, soweit Anbieter zur Kommunikation digitale Wege anbieten oder gar vorgeben.”
Standardantworten und Probleme
Kritisiert wurden etwa Standardantworten oder unbearbeitete Anliegen, obwohl Abhilfe versprochen worden war. Besonders ärgerlich für die Kontaktsuchenden war es, wenn sie an verschiedenen Stellen ihr Anliegen vortragen und jedes Mal neu erklären mussten. Manchmal erkannte der Chatbot zwar, dass ein persönlicher Kontakt notwendig war. Aber anstatt Hilfe zu erhalten, wurde ein Verkaufsgespräch vermittelt. „Am Ende bleibt der Weg über die Post – per Brief oder sogar per Einschreiben“, sagt Carola Elbrecht, Referentin im Team Marktbeobachtung Digitales im Bundesverband der Verbraucherzentrale.
Möglichkeiten und Grenzen von Chatbots
Chatbots seien teilweise nicht hilfreich und gerieten schnell an ihre Grenzen, kritisiert Elbrecht. Dabei besitzen sie laut Verbraucherzentrale durchaus Potenzial: „Verbraucherinnen und Verbraucher können ihr Anliegen jederzeit und ortsungebunden äußern und sind weder auf Sprech- noch Öffnungszeiten angewiesen“, heißt es in der Untersuchung. Gehe es um allgemeine Anfragen wie Lieferzeiten oder Infos zu den AGB seien automatisierte Antworten ausreichend, sagt Elbrecht: „Viele Kundinnen und Kunden wünschen sich das sogar.“ Für Unternehmen und Institutionen bietet die Kommunikation via Chatbot grundsätzlich den Vorteil, dass typische Anliegen und einfache Anfragen schnell und ressourcensparend beantwortet werden können. Dann bleibt den Mitarbeitenden mehr Zeit, um auf individuelle und komplexe Probleme einzugehen.
Die Rechtslage bei Chatbots
In der Regel gibt es mehrere Kanäle, um sich bei Unternehmen zu beschweren. Wenn im Chat nicht explizit darauf hingewiesen wird, finden sich Kontaktdaten zumindest im Impressum. Handele es sich um einen Vermittlungsdienst nach dem europäischen Digital Services Act, müsse spätestens ab Februar 2024 sogar eine zentrale Kontaktstelle angegeben werden, erklärt die Sprecherin. Ob mit einer KI kommuniziert wird, ist nicht immer leicht zu erkennen, weil diese oft personalisiert ist und nicht nur einen Namen, sondern teilweise sogar Charaktereigenschaften und eine menschliche Stimme besitzt. Klarer geregelt ist die Erfassung von personenbezogenen Daten. In dem Fall greift die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Unternehmen und Institutionen müssen erläutern, welche Daten sie in welcher Form erheben und speichern – und zwar „fair, transparent, leicht zugänglich und in einfacher Sprache“, betont Kloos. Werden zum Beispiel Gespräche etwa zu Schulungszwecken aufgezeichnet, muss zuvor eine Einwilligung eingeholt werden. Grundsätzlich dürften aber alle Daten, die für den Vertragszweck relevant sind, gespeichert werden, ergänzt Elbrecht: „Per se ist das erst einmal legitim.“ Schwieriger wird es, wenn Stimmungen erfasst werden. So sind einige Chatbots in der Lage zu erkennen, ob ein Anrufer etwa verärgert oder verzweifelt ist. Eine Emotionsanalyse sei allerdings datenschutzrechtlich unzulässig, betont Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht und Datenschutz an der Universität Frankfurt. Gesundheitsdaten seien durch die DSGVO besonders geschützt. Auf eine Emotionsanalyse müsse deshalb klar hingewiesen und das Einverständnis dafür eingeholt werden, ergänzt Kloos.
Verantwortung und Fazit
Sie ist trotzdem davon überzeugt, dass Unternehmen und Institutionen immer häufiger auf Chatbots setzen und sich Kunden zunehmend an diese Form des Service gewöhnen werden. Die Anbieter müssten aber ihre Hausaufgaben machen und die KI ausreichend mit Daten füttern, fordert Elbrecht: „Halbherzig mit einem Chatbot an den Start zu gehen bringt nichts.“ Denn wenn die Kommunikation mangelhaft ist, wenden sich viele Verbraucher ab. Was folgt, sind oft schlechte Bewertungen oder gar juristische Klagen. „KI hebelt nicht Recht und Gesetz aus. Kundenservice ist kein Goodwill des Unternehmens“, betont Elbrecht. Sie rät, Vorgänge in Form von abgespeicherten Mails zu dokumentieren, um bei einem Rechtsstreit gewappnet zu sein.