- Die erste assistierte Suizidkapsel soll den Eindruck einer Reise vermitteln und wurde vom australischen Aktivisten Philip Nitschke entwickelt. Die Kapsel wurde erstmals von einer 64-jährigen Amerikanerin genutzt, was zur Inhaftierung eines Sterbehilfe-Aktivisten führte. Nitschke will mit der Sarco-Kapsel die Rolle von Ärzten in der Sterbehilfe überdenken und Technologie zur Beurteilung einsetzen. Der Einsatz der Kapsel ist rechtlich umstritten und führte zu Ermittlungen gegen Nitschkes Projekt. Die Kapsel stellt wichtige Fragen zur Rolle von Maschinen und dem Thema Sterbehilfe in der Gesellschaft.
Die weltweit erste assistierte Suizidkapsel umhüllt den menschlichen Körper wie eine Weltraumkapsel und neigt sich sanft gen Himmel. Das Gerät soll den Eindruck vermitteln, als gehe der Mensch im Inneren auf eine Reise, so erklärt es sein Erfinder, der australische Sterbehilfe-Aktivist Philip Nitschke. „Es vermittelt die Idee, sich von der Welt zu verabschieden.“
Eine neue Ära der Sterbehilfe
Im vergangenen Monat fand die erste Nutzungsanwendung der 3D-gedruckten Kapsel statt. An der schweizerisch-deutschen Grenze, in einem Wald, drückte eine 64-jährige Amerikanerin den Knopf der Kapsel, um tödliches Stickstoffgas freizusetzen. Schätzungen der Schweizer Sterbehilfe-Gruppe „The Last Resort“, dessen Präsident Florian Willet bei ihrem Tod zugegen war, bestätigen ihr Ableben. Willet wurde anschließend wegen der Unterstützung des Suizids der Frau vorläufig inhaftiert. Nitschke nahm per Videoverbindung teil, bemerkte jedoch, dass das Signal instabil war. Seit drei Jahrzehnten testet Nitschke die gesellschaftlichen Grenzen der assistierten Sterbehilfe. Sein Streben, tödliche Medikamente für alle zugänglicher zu machen, ob unheilbar krank oder nicht, führte 2014 zeitweise zur Suspendierung seiner ärztlichen Zulassung und zu öffentlicher Kritik.
Kontroverse Ideen und Innovationen
Nun versucht Nitschke mit seinem neuesten Gerät, dem Sarco, benannt nach einem antiken Sarkophag, eine neue Debatte über die Rolle von Ärzten in Ländern, in denen Sterbehilfe legal ist, anzustoßen. In den meisten dieser Länder ist der Prozess Teil des medizinischen Systems, bei dem Fachkräfte beurteilen, ob Patienten die Kriterien erfüllen. Mit Sarco will Nitschke die Beurteilung aus den Händen der Mediziner nehmen und diese Aufgabe letztlich Maschinen überlassen. „Ich denke, eine Maschine könnte das besser“, äußert er. Die Kapsel kann drei einfache Fragen stellen: Wer sind Sie? Wo sind Sie? Wissen Sie, dass Sie sterben, wenn Sie diesen Knopf drücken? Antworten die Prüfenden korrekt, leuchtet ein blauer Knopf auf.
Technologie als Zukunft der Selbstbestimmung
Während ihrer ersten Nutzung war die Frage-Software von Sarco in dem Schweizer Wald nicht aktiviert. Die amerikanische Frau wurde dennoch von einem Mediziner beurteilt, bevor sie in die Maschine trat. „Es zeigt, was in der Zukunft möglich wäre, nämlich dass Technologie grundlegendes Screening übernimmt, ohne andere Personen im Weg zu haben“, erklärt Nitschke. Gegenwärtig ist das Gerät rechtlich umstritten, was zu einer Razzia in seinem niederländischen Büro führte. Trotz der laufenden Ermittlungen hält Nitschke an seinem Projekt fest und plant, den Preis des Pods von 15.000 Dollar zu verringern, während er an der Integration von maschinellem Lernen arbeitet, um die Einwilligung der Nutzer zu beurteilen. Dies stößt innerhalb der Sterbehilfe-Bewegung jedoch auf Skepsis.
Die Nutzung der Sarco-Kapsel wirft wichtige Fragen über die Rolle der Maschinen in unserer Gesellschaft auf, während sie gleichzeitig das komplexe Thema der Sterbehilfe in einem technologischen Kontext platziert.