- Sebastian Cocioba verwandelt sein unscheinbares Haus auf Long Island in ein hochmodernes Pflanzenbiologielabor. Cociobas Leidenschaft für Pflanzen begann früh und führte ihn dazu, Müllcontainer-Orchideen zu retten und zu verkaufen. Finanzielle Herausforderungen zwangen ihn, sein Studium abzubrechen, aber eröffneten ihm die Gelegenheit, günstige Geräte zu erwerben und weiterzuverkaufen. Trotz fehlender strenger Auflagen in den USA, scheiterte sein Projekt für die Olympischen Spiele 2020 an komplexen genetischen Strukturen. Cocioba möchte die Welt der Gentechnik demokratisieren, indem er wissenschaftliche Konzepte online teilt und als Projektwissenschaftler bei Senseory Plants innovative Duftpflanzen erschafft.
Sebastian Cociobas unscheinbares, mit Schindeln gedecktes Haus auf Long Island lässt nicht erahnen, dass sich hier ein hochmodernes Pflanzenbiologielabor verbirgt. Sobald man jedoch eintritt und den Flur entlangblickt, entdeckt man eine kleine Ecke, die gerade genug Platz für einen einzelnen Wissenschaftler bietet. Das Workshop ist vollgestopft mit Geräten, die Cocioba entweder günstig bei eBay ersteigert oder selbst zusammengebaut hat. Diese bescheidene Werkstatt dient dem 34-jährigen Visionär dazu, mithilfe von Gen-Editing neue Blumenarten zu erschaffen, die schöner und wohlriechender sind als alles, was es bisher gibt. Doch darüber hinaus verfolgt Cocioba das Ziel, die hermetische Welt der Gentechnik für jedermann zugänglich zu machen.
Die Anfänge einer Leidenschaft
Cociobas Faszination für Pflanzen begann bereits in seiner Kindheit, als er von der komplexen inneren Struktur eines gefallenen Ahornblatts in den Bann gezogen wurde. In seiner Schulzeit entdeckte er eines Tages vor einem Baumarkt einen Müllcontainer voller Orchideen. Diese Blumen, die zu den Lieblingen seiner Mutter zählten, rettete er mit einer im Internet gekauften Wachstumshormonpaste und brachte sie wieder zum Blühen. Bald verkaufte er die revitalisierten Pflanzen zurück an das Geschäft. „Ich hatte diese Masche laufen, bei der ich ihren Müll nahm, aufblühte und zurückverkaufte“, schildert er. Der Verdienst aus diesem außergewöhnlichen Unterfangen half ihm, die ersten Studienjahre im Fach Biologie an der Stony Brook University zu bestreiten.
Finanzkampf und Neuerfindung
Finanzielle Schwierigkeiten zwangen ihn jedoch, das Studium irgendwann abzubrechen. Vor seinem Abgang überreichte ihm ein Kommilitone eine Röhre voller Agrobakterien—Mikroben, die häufig für die genetische Veränderung von Pflanzen eingesetzt werden. Nun richtete Cocioba seine kleine Ecke in einen provisorischen Arbeitsplatz ein. Er fand heraus, dass er allerlei Gerät im Ausverkauf von schließenden Laboren günstig erwerben und mit Gewinn weiterverkaufen konnte. Dies verschaffte ihm eine stabile Einnahmequelle. Mit wachsender Erfahrung lernte er, einfache Laborgeräte mithilfe eines 3D-Druckers kostengünstig herzustellen. Ein einfacher Leuchtkasten zur DNA-Visualisierung kann mit preiswerten LEDs, einer Glasscheibe und einem Schalter improvisiert werden, anstatt ihn für Hunderte von Dollar zu kaufen.
Ein unkonventioneller Weg zur Blumenkreation
All diese Tüfteleien waren Mittel zum Zweck für Cociobas wahre Passion: der Traum, Blumendesigner zu werden. „Stellen Sie sich jemanden wie Willy Wonka der Blumen vor, nur ohne den Sexismus, Rassismus und die merkwürdigen kleinen Sklaven“, beschreibt er augenzwinkernd. In den USA sind die Vorschriften für gentechnisch veränderte Blumen relativ lax, sodass er keine strengen Auflagen fürchten muss. Solche Projekte als Amateur zu betreiben, wäre in Großbritannien oder der EU undenkbar, meint er. Cocioba bietet seine Dienste Start-ups an und hilft ihnen, wissenschaftliche Konzepte zu realisieren.
Ein bemerkenswertes Projekt betraf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio, bei dem er eine Winde mit dem blau-weißen Schachbrettmuster der Spiele entwickeln sollte. Trotz der ursprünglichen Euphorie scheiterte das Vorhaben an der unfassbar komplexen Genomstruktur der Schachbrettblume, die als genetische Vorlage dienen sollte. Dieses Herzstück blieb unveröffentlicht.
Zugang zur Wissenschaft demokratisieren
Mit wachsender Erfahrung in synthetischer Biologie erweiterte Cocioba seinen Fokus von der Schöpfung neuer Arten hin zur Offenlegung wissenschaftlicher Instrumente für die breite Öffentlichkeit. Experimente dokumentiert er in einem online frei verfügbaren Notizbuch. Überdies vertreibt er einige der Plasmide, kleine DNA-Kreise, die er für seine pflanzlichen Transformationen nutzt. „Wir befinden uns im goldenen Zeitalter der Biotechnologie“, sinniert er. Der Zugang zu Forschung und Wissen ist einfacher denn je, und die Wissenschaftsgemeinde zeigt sich offener. Sein Ziel ist es, eine Renaissance der Amateurpflanzenzüchter des 19. Jahrhunderts zu entfachen, wo Leidenschaft und Wissensaustausch im Vordergrund standen. Neben seiner Arbeit als unabhängiger Forscher ist Cocioba auch als Projektwissenschaftler bei dem kalifornischen Start-up Senseory Plants tätig. Das Unternehmen hat es sich zum Ziel gesetzt, Zimmerpflanzen mit einzigartigen Düften zu kreieren—eine biologische Alternative zu Kerzen und Räucherstäbchen. Cocioba experimentiert mit der Idee, eine Pflanze zu entwickeln, die nach alten Büchern duftet, und so Räume in aromatische Bibliotheken zu verwandeln. Das Start-up entwirft eine Vielzahl von atmosphärischen Duftlandschaften, teilweise in Cociobas heimischen Labor erdacht. „Ich liebe es wirklich, was sie tun“, bemerkt er ehrfurchtsvoll.