- Oscars verleihen Filmen nicht immer dauerhafte Bekanntheit. Viele Oscar-prämierte Filme geraten dennoch in Vergessenheit.
- [Henry Sugar] Wes Anderson gewann seinen einzigen Oscar für einen Kurzfilm basierend auf Roald Dahls Werk. Benedict Cumberbatch spielt einen Spieler, der ohne Augen Gewinne maximiert.
- [A Room with a View] Merchant Ivory Productions adaptierte E.M. Forsters Werke, was ihnen Anerkennung brachte. Der Film gewann Oscars für das Drehbuch, Szenenbild und Kostümdesign.
- [Stalag 17] William Holden gewann den Best Actor Oscar für seine Rolle in Wilder’s Film über ein Kriegsgefangenenlager. Otto Preminger spielt einen komischen Nazi-Kommandanten.
- [Gigi] Der Film gewann 1958 neun Oscars, darunter bester Film. Trotz seines umstrittenen Themas bleibt „Gigi“ wegen seiner Musik und visuellen Pracht in Erinnerung.
Viele Menschen neigen dazu, den Wert eines Oscars überzubewerten. Manchmal glauben die optimistischeren Gemüter Hollywoods, dass ein solcher Preis einem Film Unsterblichkeit verleihen kann. Doch wie viele von uns haben heute tatsächlich John Fords „Wie grün war mein Tal“ oder das mit mehreren Oscars ausgezeichnete „Doktor Dolittle“ von 1967 gesehen, das ein Liebeslied an eine Robbe enthält? Die Wahrheit ist, viele großartige Filme gewannen Oscars und gerieten dennoch in relative Vergessenheit. Die folgenden Werke mögen nicht völlig unbekannt sein, doch sie bieten eine Kostprobe filmischer Brillanz, die kaum zur Pflichtlektüre für die meisten zählt, trotz ihrer Academy-Auszeichnungen.
Die wundersame Geschichte von Henry Sugar
Wes Anderson erhielt seinen ersten und bislang einzigen Oscar für den besten Kurzfilm in der Kategorie Live-Action für seinen 39-minütigen Streifen, der sich auf Roald Dahls Kurzgeschichte von 1977 stützt. Benedict Cumberbatch schlüpft in die Rolle eines Spielers, der anhand der Lehren eines indischen Gurus lernt, ohne den Einsatz seiner Augen zu sehen, um Gewinne zu maximieren. Der Film geht einen durch und durch gradlinigen Weg, welcher Andersons Ansatz, mit künstlerischem Überfluss zu arbeiten, perfekt ergänzt. Letztendlich erweist sich Henry Sugar als liebevolles Tribut an Theaterkünste und umarmt literarische Meisterschaft.
A Room with a View
Im Jahr 1985 hatte das Team von Merchant Ivory Productions – bestehend aus dem Produzenten Ismail Merchant, Regisseur James Ivory und Drehbuchautorin Ruth Prawer Jhabvala – bereits seit zwei Jahrzehnten Mikro-Budget-Adaptionen von Literatur umgesetzt, oft in Merchants heimischem Indien. Dann gerieten sie an die Werke des britischen Meisters E.M. Forster und zimmerten drei Filme, die ihnen die größte Anerkennung einbringen sollten. Der erste dieser Filme war „Zimmer mit Aussicht“, eine Romanze in Florenz nach Forsters frühem Roman von 1908. Es ist ein wunderschön ins Licht getauchter Film, der in satten Farben erstrahlt und die junge Helena Bonham Carter in ihrer ersten Hauptrolle zeigt. Zu Recht erhielt der Film Oscars für das beste adaptierte Drehbuch, die beste Szenenbildgestaltung und das beste Kostümdesign.
Stalag 17
William Holden eroberte den Best Actor Oscar für die Darstellung in diesem von Billy Wilder inszenierten Film über amerikanische Flieger, welche in einem deutschen Kriegsgefangenenlager während des Zweiten Weltkriegs interniert sind. Wie alle Filme Wilders ist auch „Stalag 17“ scharf geschrieben und immer wieder urkomisch, indem es die Kameradschaft der Flieger aufgreift, die ihren Ausbruch planen. Besonders erquicklich ist der österreichisch-jüdische Regisseur Otto Preminger in einer seltenen Schauspielrolle als grausamer, jedoch lächerlicher Nazi-Kommandant des Lagers, Colonel von Scherbach. Preminger, selbst ein Flüchtling vor der Nazi-Aggression, dürfte seinen Spot in der Ironie genossen haben.
Gigi
„Gigi“, der Gewinner des besten Films 1958, der insgesamt neun Oscar-Nominierungen in neun Auszeichnungen umzuwandeln wusste, hat einen zwiespältigen Ruf, und das aus gutem Grund. Die Hauptfigur (Leslie Caron) ist eine junge Frau (der Film vermeidet es, genau zu sagen, wie jung), die in Belle Époque Paris zur Kurtisane, oder „gehaltenen Frau“, ausgebildet wird. Letztlich fällt sie einem deutlich älteren Mann (Louis Jourdan) in die Arme – allerdings als Auserwählte, nicht als Geliebte. Veraltet? Gewiss. Doch was man nicht leugnen kann, ist, dass „Gigi“ ein Fest für die Sinne ist, mit möglicherweise den faszinierendsten Farben, die je ein Filmmusical geziert haben, und zu einer der besten Partituren zählt, die jemals von Alan Jay Lerner und Frederick Loewe geschaffen wurden. Das Titelstück, welches den Oscar für den besten Originalsong gewann, hat eine fast schon magische Wirkung – wie ein anderes Lerner-und-Loewe-Lied es ausdrücken würde: Es ist fast wie verliebt zu sein.