- Beim Demo Day des Forum Digitale Technologien präsentierten F&E-Projekte ihre Use Cases vor einem Publikum aus Multiplikatoren und Fachleuten in Berlin.
- Die Bauindustrie steht vor großen Umwälzungen und muss den Bauprozess effizienter, intelligenter und nachhaltiger gestalten.
- Die Digitalisierung ist eine Aufgabe für die ganze Baubranche, nicht für einzelne Projekte und Unternehmen.
- Anwendungsbeispiele von KI im Bauprozess zeigen Potenziale in der automatisierten Erfassung von Brandschutzmaßnahmen und Schadensdetektion.
- Es wurden Lösungen zur digitalen Erfassung und KI-unterstützten Bearbeitung von Lieferscheinen für Beton präsentiert.
- Es wurden Lösungen für Ladeservices für E-Mobilität und Smart-Home-Applikationen im vernetzten Wohnumfeld vorgestellt.
Digitale Transformation des Bauwesens
Beim Demo Day des Forum Digitale Technologien zum Thema “Digitales Bauen & Smarte Gebäude” präsentierten ausgewählte F&E-Projekte ihre Use Cases vor einem Publikum aus Multiplikatoren, Fachleuten aus der Baubranche und Technologieinteressierten in Berlin. Ein frisch gestartetes Technologieprogramm des BMWK sowie weitere Förderprojekte und Interessenverbände ergänzte die Perspektiven.
Wie geht Bauen in Zeiten der digitalen Transformation und welche Möglichkeiten eröffnet der Einsatz von Technologien wie Künstliche Intelligenz im Bauprozess? Diesen und weiteren Fragen nach der zukünftigen Ausrichtung des Bauwesens gingen Expertinnen und Experten auf dem Demo Day des Forum Digitale Technologien am Beispiel technologischer Demonstratoren nach.
Dynamik in der Bauindustrie
Dabei zeigte sich, dass die Bauindustrie vor großen Umwälzungen steht. In der medialen Berichterstattung über das Bauwesen häufen sich derzeit vorwiegend negative Schlagzeilen. Vielschichtige Herausforderungen erfordern innovative Lösungen, was die Planung, Ausführung und Wartung von Wohngebäuden und Infrastruktur betrifft. Das Ziel muss sein, den Bauprozess effizienter, intelligenter und nachhaltiger zu gestalten. Dazu gilt es, Aspekte energetischer Gebäudetechnik zukunftsfähig zu integrieren und vorhandene Datenquellen zielgerichteter in gemeinsame Anwendungen zu bringen.
Beim Demo Day im Showroom des Forum Digitale Technologien, der am 23. Januar in Berlin stattfand, konnten hierfür konkrete Lösungsideen aufgezeigt werden. Auf der Veranstaltung präsentierten ausgewählte Forschungsprojekte sowie ein neu gestartetes Technologieprogramm ihre Projektergebnisse und Vorhaben. Dabei verdeutlichten sie, wie gerade kleine und mittelständische Unternehmen von zukunftweisenden Technologien profitieren können.
Impulse und Einsatz von KI im Bauprozess
“Die Digitalisierung ist eine Aufgabe für die ganze Baubranche, nicht für einzelne Projekte und Unternehmen.” – Dr. Jan Tulke (planen-bauen 4.0)
Das grundlegende Interesse an der Thematik spiegelte sich in der Teilnahme von rund 100 Gästen beim Demo Day wider, die sich für die Präsentation der Demonstrationen und zum Austausch zusammenfanden. Dr. Jan Tulke (planen-bauen 4.0) eröffnete mit einem Impuls zum Status quo der digitalen Bauwirtschaft in Deutschland den inhaltlichen Teil der Veranstaltung. Anhand einer Studie aus dem Jahr 2023 machte er deutlich, dass die Erwartungen an das Digitalisierungspotenzial im Bereich Building Information Modeling (BIM) die derzeitige Nutzung innovativer BIM-Technologien bei Weitem übersteigen. Trotz dieser Diskrepanz zeigte er auf, dass die Digitalisierung in der Bauwirtschaft insgesamt voranschreitet, unterstützt durch eine wachsende Implementierung in der Praxis und durch die Vielzahl von Initiativen, Werkzeugen, Forschungsvorhaben und Unterstützungsangeboten. Deutschland hat hier Chancen, im internationalen Vergleich als Vorreiter auf dem Anbietermarkt für innovative digitale Anwendungen für das Bauwesen zu glänzen.
Anwendungsbeispiele von KI im Bauprozess
Für das Projekt präsentierte Prof. Dr. Markus König (Ruhr-Universität-Bochum) zwei eindrucksvolle Use Cases mithilfe eines Assistenz-Roboterhundes von Boston Dynamics. Im ersten Szenario zeigte König die Potenziale durch die automatisierte Erfassung von Brandschutzmaßnahmen bei Begehungen von Bestandsgebäuden. Dabei erkennt das System unter anderem Feuerlöscher und Fluchtwege, verortet sie automatisch in einem 3D-Modell und wertet die erfassten Informationen in Echtzeit aus.
Der zweite Anwendungsfall befasste sich mit der KI-basierten automatisierten Schadensdetektion und Auswertung bei Bestandsbauten. Hierbei erkennt das System selbstständig Schäden in Gebäuden und Brücken und erfasst deren Anzahl, Größe, Kategorie und Qualität. In der Praxis habe sich die Technologie bereits durch eine hohe Trefferquote bewährt, so König, in Zukunft würde eine nutzungsfreundliche und niedrigschwellige Anwendung über eine App am Handy angestrebt und umgesetzt. Durch die Integration von Gaia-X wird zudem ein sensibler und souveräner Umgang mit Nutzerdaten gewährleistet.
Innovationen in der Baustellenlogistik
Im einem weiteren Anwendungsfall präsentierte Dr.-Ing. Christoph Sievering von der Gemeinschaft für Überwachung im Bauwesen (GÜB) eine Lösung zur digitalen Erfassung und KI-unterstützten Bearbeitung der klassischen Lieferscheine für Beton, die jährlich einen erheblichen Verwaltungsaufwand im Umfang von mehreren Millionen Dokumenten darstellen.
Traditionell werden Lieferscheine üblicherweise bisher im Nadeldruckverfahren auf Durchschlagpapier ausgegeben. Die manuelle Auswertung für verschiedene Arbeitsprozesse, wie Transport und kaufmännische Abläufe, ist sehr zeitaufwendig. Um hier zu optimieren, wurde im Projekt eine Anwendung entwickelt, anhand derer Lieferscheine mit einer App gescannt werden können. Die Anwendung erkennt automatisch relevante Informationen und verarbeitet sie zu einem digitalisierten Lieferschein. Hierbei wurden parallel in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Normung (DIN) standadisierte Wörterbücher entwickelt, die den reibungslosen Informationsaustausch in der Liefer- und Wertschöpfungskette von Bauprodukten ermöglichen.
Elektromobilität und Smart-Home-Lösungen
Im zweiten Teil der Veranstaltung lag der Fokus auf Lösungen für Ladeservices für E-Mobilität und Smart-Home-Applikationen im vernetzten Wohnumfeld. Im Projekt legen Frank Schnellhardt (INNOMAN GmbH) und Sebastian Flemming (Fraunhofer IOSB-AST den Fokus auf die Implementierung der Elektrolademöglichkeiten in Mietwohnquartieren ohne festen Anwohner-Parkplatz. Schnellhardt umschreibt den Begriff Wohnquartier dabei humorvoll als den “Hauslatschenradius”.
Als Lösung präsentiert SharedAC den Einsatz von MultiChargePoints, die es ermöglichen, mit einem Schlüssel mehrere Nutzende mit einem Lade-Parkplatz zu versorgen. Hierbei kommt eine App zum Einsatz, die einen plattformbasierten Ladeservice anbietet. Regelmäßige User können sich mit ihrem registrierten Account anmelden, ebenso wie Gäste, die ihr Elektrofahrzeug aufladen möchten. Die App ermöglicht es, den Ladevorgang über einen Fortschrittsbalken zu verfolgen und wurde bereits an verschiedenen Standorten erfolgreich implementiert. Wie einfach diese zu bedienen ist, demonstrierten die Projektvertreter dem Publikum eindrücklich anhand einer Ladesäule vor Ort.
Neue Perspektiven für Smart Living
Zum Abschluss der Demonstrationsrunde wurde das kürzlich gestartete Technologieprogramm von Michael Schidlack (Forschungsvereinigung Elektrotechnik beim ZVEI e.V.) vorgestellt. Dieses innovative Programm verfolgt das Ziel, ein umfassendes, KI-basiertes Ökosystem zu etablieren, das die Entwicklung nachhaltiger Smart-Living-Dienste und -Anwendungen sowohl erleichtert als auch beschleunigt.
Die breite Palette der adressierten Anwendungsfelder spiegelt dabei den ganzheitlichen Ansatz des geplanten Ökosystems wider, das sowohl im deutschen als auch im europäischen Raum in dieser Form Alleinstellungsmerkmale vorweist. Der Fokus liegt insbesondere darauf, von bisherigen Insellösungen wegzukommen und stattdessen eine übergreifende technologische Infrastrukturlösung zu schaffen, die Daten von bereits verbauten Sensoren aufgreift und nutzbar macht.
Netzwerken und Austausch
Neben den anschaulichen Live-Präsentationen bildete der Raum für aktives Netzwerken zwischen den BMWK-Förderprojekten und relevanten Branchenakteuren wie üblich das Herzstück des Demo Days. In einer Netzwerkpause, die durch eine Digitale Poster-Session mit Vertreterinnen und Vertretern des BDBau e. V., der Förderprojekte und sowie des Mittelstand-Digital Zentrums Bau ergänzt wurde, diskutierten die Gäste im lebhaften Austausch.
Wir danken allen Teilnehmenden und Vortragenden, die den ersten Demo Day des Jahres durch Anregungen, Fragen und ihre Anwesenheit bereichert haben und freuen uns bereits auf die kommende Ausgabe des Formats im Mai 2024.