- Das Spiel ermöglicht es, nicht-binäre Geschlechter und bevorzugte Pronomen zu wählen, was RPGs bereichert. Die Bedeutung dieser Identitätswahl wird erst nach längerer Spielzeit in der Handlung relevant. Identitätsthemen werden durch Begleitmissionen wie Taashs Reise vertieft. Taashs Umgang mit Identität verdeutlicht persönliche und kulturelle Konflikte. BioWare bringt Identitätsthemen bewusst in den Vordergrund und bereichert das Spielerlebnis.
Bei der Erstellung meines Charakters Rook in Dragon Age: The Veilguard war ich erfreut über die Möglichkeit, ein nicht-binäres Geschlecht und bevorzugte Pronomen auszuwählen. Solche Funktionen bereichern Rollenspiele, die sich um die Erschaffung und Verkörperung von Figuren drehen. Überraschenderweise spielte diese Identitätswahl zunächst keine große Rolle in der Handlung selbst. Erst nach mehr als zehn Stunden wurden meine Entscheidungen hinsichtlich Pronomen in der Geschichte relevant. Dennoch ist es schon ein Schritt, dass das Spiel diese Optionen überhaupt bietet, und ich hätte es ihm nicht übel genommen, wenn es dabei geblieben wäre.
Identitätsfragen in der Handlung
Doch dann stieß ich auf eine Mission, die das Selbstvertrauen meines Teams erschütterte. Mein Ziel war es, mit drei bestimmten Charakteren zu sprechen. Auf dem Weg zu Lucanis unterbrach ich das Gespräch zweier anderer Charaktere. Neve, eine Magierin, die seit Beginn an meiner Seite war, diskutierte mit Taash, einem kürzlich rekrutierten Drachentöter, über Mode. Diese Szene, die zunächst wie ein alltäglicher Gefährten-Austausch wirkte, verdeutlichte die Bedeutung von Identitätsthemen für BioWare. Auch wenn die Szene etwas schnell auf den Punkt kommt, bleibt sie doch ehrlich und inspirierend.
Taashs persönliche Reise
Wenn man nur eine Begleitmission verfolgt, sollte es Taashs sein. Taash, eine Qunari-Drachenjägerin, hinterlässt einen blutigen ersten Eindruck, indem sie Feinde mit ihren Doppelläxten bezwingt. Ihre Stärke und Begeisterung für Drachen verwöhnt die Erwartungen. Als sie Neves Wahl, ein Kleid im Kampf zu tragen, infrage stellte, begann eine Erzählung über kulturelle Unterschiede, die sich schnell vertiefte. Taash erzählte, dass Kleider ihnen nie gestanden hätten und auch andere als weiblich definierte Dinge ihnen fremd blieben. Diese Offenbarung löste Taashs persönliche Questlinie aus, die ich sofort in Angriff nahm.
Taashs kommende Missionen verdeutlichen ihre Auseinandersetzung mit der eigenen Identität. Ein Schlüsselelement wird in einer Szene betont, in der Taash bei der Drachenjagd scheitert und sich in Rage verliert. Ihr Selbstverständnis als Drachentöter bricht ein—und dies resoniert tief. Obgleich die geschlechtliche Identität selbst nicht in Frage steht, stellt sich die Frage des eigenen Selbstverständnisses. Jeder, egal welcher Identität, durchläuft die Suche nach dem eigenen Ich. Taashs Moment ist sowohl authentisch als auch nachvollziehbar.
Abschluss und Erkenntnisse
Taash begreift am Ende eines Kapitels, dass in der menschlichen Kultur Menschen oft sie/ihr-Pronomen nutzen, obwohl sich “they” für sie passender anfühlt. Auch wenn ich mir mehr Raum gewünscht hätte, um diesen inneren Wandel darzustellen, war der Konflikt mit ihrer Kultur und ihrer Mutter ebenso fesselnd. Es ist eine Sache, die innere Identität zu akzeptieren; es öffentlich zu machen, ganz anders – insbesondere gegenüber den Eltern. Taashs Mutter ist nicht verschlossen, sondern versucht, aus Fürsorge in eine Richtung zu lenken. Auch Taash hat Mühe, aus der zugewiesenen Rolle auszubrechen, was die Reise lebendig macht. Eine Qunari-Weisheit lautet übersetzt: “Sie müssen mit Ihrer Identität ringen”, was das Thema perfekt zusammenfasst. Nur durch den fortwährenden Widerstreit nähern wir uns unserer wahren Natur.
BioWare hätte diese nebengeschichtete Erzählung leicht in den Hintergrund rücken können, doch sie wurde bewusst in den Vordergrund geholt. Einerseits könnte sie ignoriert werden, aber dass sie so prominent platziert ist, verleiht ihr Gewicht. Nur durch diesen Fokus wurde das Spiel für mich zu einem tieferen Erlebnis.