- Angehende Eltern nutzen genetische Technologien zur Gestaltung der Kinder, was oft zu Enttäuschung führt. IVF ermöglicht nicht nur die Untersuchung auf genetische Krankheiten, sondern auch die Auswahl von Geschlecht und Eigenschaften. Kontroverse Technologien versprechen noch mehr Kontrolle, was jedoch oft psychologische Folgen für die Kinder hat. Der Druck, Erwartungen der Eltern zu erfüllen, führt zu einem Gefühl der Unzulänglichkeit bei den Kindern. Menschliches Verhalten ist nicht berechenbar und braucht Verständnis und Akzeptanz.
Seit Jahren gestalten angehende Eltern die genetische Ausstattung ihrer Kinder. Durch IVF können Embryonen auf krankheitsverursachende Gene untersucht werden. Darüber hinaus ist es möglich, das Geschlecht des zukünftigen Kindes zu bestimmen und durch die Auswahl bestimmter Ei- und Samenspender die Merkmale des Kindes zu beeinflussen. Mittlerweile sind viele dieser sogenannten “Designerbabys” zu Jugendlichen herangewachsen. Und manche Familien erkennen, dass selbst die besten Pläne scheitern können: Die Kinder fühlen sich wie Testobjekte, während die Eltern enttäuscht davon sind, wie ihr Nachwuchs sich entwickelt hat. Firmen, die auf Fruchtbarkeit spezialisiert sind, versprechen das Glück der Familie; jedoch fühlen sich einige Familien betrogen.
Technologische Kontrollversuche
Neue und kontroverse Technologien versprechen Eltern sogar noch mehr Kontrolle über ihre Embryonen. Eine US-Firma behauptet, dass ihr genetisches Screening das Risiko eines Embryos für Autismus, bipolare Störungen und zahlreiche weitere gesundheitliche Probleme berechnen kann. Ihr Ziel ist es, Eltern zu helfen, die Embryonen mit dem höchsten vorhergesagten IQ auszuwählen. Ein Psychologe in Kalifornien, der bereits mit den Auswirkungen solcher Maßnahmen konfrontiert ist, berichtet, dass er Leiter eines Behandlungszentrums für Jugendliche war. Häufig begegnete er dort Teenagern, die unter den Bedingungen ihrer Zeugung litten. Eltern wünschten sich ein Kind mit bestimmten Eigenschaften, wie musisch oder sportlich, und wählten dementsprechende Ei-Spender aus.
Die Komplexität des Menschseins
In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren beriet er viele solcher Familien und beobachtete, dass oft zu viel Gewicht auf die Genetik gelegt wurde, während die Umgebung ignoriert wurde. “Wir werden ein Kind auswählen und so zusammenfügen. Die Mutter wird das Ganze leiten.” Es ist, als ob ein Projekt oder eine Firma aufgebaut wird, ohne das Bewusstsein, dass ein Mensch und keine Sache erschaffen wird. Besonders in der Tech-Hochburg Silicon Valley gibt es viele entferntere Elternteile, meist Väter, die kaum eine Verbindung zu ihren Kindern haben. Ebenso gibt es Situationen, in denen auch Mütter den Kindern gegenüber keine Bindung aufbauen. Erfolgreiche Männer haben meist klare Vorstellungen davon, wie alles zu laufen hat. Doch wenn das tatsächliche Kind nicht ihren Erwartungen entspricht, führt das oft zum Desaster.
Druck der Erwartungen
In solchen Haushalten wird große Wichtigkeit auf Leistung gelegt. Die Kreation solcher Kinder vermittelt die Botschaft: “Du bist nicht gut genug. Du musst mehr erreichen. Du bist nicht wirklich anerkannt.” Das kann besonders verheerend sein, wenn die Kinder strugglen. Manche bringen Einschränkungen mit, sei es durch Frühgeburt infolge von IVF oder durch Lernunterschiede oder Autismus. In einigen Fällen erfuhren Eltern erst später von den psychischen Problemen ihrer Ei-Spenderinnen, was das Kind durch diese Linse betrachtet. Solch ein Gefühl führt oft dazu, dass sich die Kinder ins Abseits gedrängt fühlen, als wären sie ein Experiment, während ihnen jedoch die nötige Unterstützung fehlt.
Eltern müssen erkennen, dass sie einen Menschen erschaffen haben, der Zeit, Akzeptanz und Verständnis braucht. Und obwohl es schwierig sein kann, helfen sich Eltern und Kinder besser zu verstehen und zu akzeptieren, insbesondere in neurodiversen Familienkonstellationen. Kinder müssen begreifen, dass sie und ihre Eltern unterschiedliche Individuen sind. Und schlussendlich ist menschliches Verhalten nicht berechenbar und elterliche Hoffnungen und Pläne sollten nicht als Baukasten begriffen werden.