- Eine neue Vorarlberger Untersuchung zeigt, dass Jugendliche Englisch zunehmend wie eine Zweitsprache verwenden. Die Studie unter der Leitung von Julia Davydova befragte 630 Vorarlberger Jugendliche zu ihrem Sprachgebrauch und Medienverhalten. Rund 57 Prozent der Befragten nutzen tĂ€glich Englisch im Internet, wobei vor allem TikTok, YouTube und Facebook/X beliebt sind. Ăber die HĂ€lfte der Jugendlichen verwendet Englisch auch in privaten GesprĂ€chen; 19,5 Prozent im Kontakt mit engen Freunden und Verwandten. Die Untersuchung deutet darauf hin, dass Englisch zunehmend in traditionelle Bereiche der Muttersprache eindringt, was eine signifikante Zunahme des informellen Gebrauchs von Englisch im Alltag zeigt.
Eine neue Vorarlberger Untersuchung setzt sich detailliert mit dem Zusammenhang von Social Media, Streaming und dem Englisch-Gebrauch von Teenagern auseinander und signalisiert einen Wandel im VerhĂ€ltnis von Fremd- zu Zusatzsprache. Heutzutage sind englischsprachige Inhalte wie beliebte Serien, Influencer und Musik deutlich leichter zugĂ€nglich als jemals zuvor. Die Soziolinguistin Julia Davydova von der PĂ€dagogischen Hochschule Vorarlberg hat erforscht, wie sich dieser Zugang auf den Sprachgebrauch der Jugend auswirkt. Ihre Erkenntnis: Viele Jugendliche sind keine klassischen Fremdsprachenlernenden mehr. Anstatt mĂŒhsam Vokabeln und Grammatik zu lernen, verwenden sie Englisch zunehmend wie eine Zweitsprache.
âWenn man stĂ€ndig Inhalte in einer Sprache konsumiert, dann hat das Auswirkungen auf das Gehirn und die psycholinguistische RealitĂ€t – man wird zunehmend bilingualâ, erlĂ€uterte Davydova im GesprĂ€ch mit der Austria Presse Agentur. Sie wollte klĂ€ren, inwiefern das fĂŒr die Generation Z wirklich zutrifft und in welchen Bereichen sich die englische Sprache ausbreitet. Vorangegangene Studien hatten dies noch nicht umfassend quantifiziert. Im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts hat Davydova 630 Vorarlberger Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren zu ihrem Sprachgebrauch und Medienverhalten befragt.
TĂ€glich Englisch im Gebrauch
Rund 57 Prozent der Befragten gaben an, Englisch tĂ€glich im Internet zu nutzen. Soziale Netzwerke spielen hierbei eine groĂe Rolle, wobei Tiktok mit 65,9 Prozent am beliebtesten ist, gefolgt von YouTube mit 51,3 Prozent sowie Facebook und X (zuvor Twitter) mit 47,5 Prozent. Mehr als die HĂ€lfte der Jugendlichen schaut sich mindestens zwei- bis dreimal pro Woche Filme und Serien auf Englisch an. Die Favoriten unter den Serien â âFriendsâ, âGreyâs Anatomyâ und âPeaky Blindersâ â sind auch Ă€lteren Generationen bekannt.
Ăber die HĂ€lfte der Jugendlichen benutzt Englisch auch in privaten GesprĂ€chen neben anderen Sprachen; etwa ein Viertel davon tĂ€glich in der Schule im Austausch mit Freunden, 19,5 Prozent auch im Kontakt mit engen Freunden und Verwandten. âDabei hat sich gezeigt, dass ein starker Zusammenhang zwischen dem Englisch-Gebrauch auf Social-Media-Plattformen und in spontanen Interaktionen bestehtâ, so Davydova. Auch eine Korrelation zwischen dem tĂ€glichen Sprechen von Englisch und dem Konsum von englischsprachigen Serien wurde festgestellt.
Englisch dringt weiter in die Muttersprache vor
Die Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich neben VerĂ€nderungen beim Erlernen der Sprache das Englische systematisch in traditionelle Bereiche der Muttersprache ausbreitet, etwa in PrivatgesprĂ€che. Im Vergleich zu einer identischen Studie vor sieben Jahren in Mannheim mit einer Ă€lteren Kohorte, hat der informelle Gebrauch von Englisch im Alltag signifikant zugenommen – von 10 auf 22,5 Prozent. âDas zeigt eine deutliche Zunahme der Verwendung des Englischen in der tĂ€glichen Praxis innerhalb kurzer Zeitâ, konstatierte Davydova.
Dennoch bleiben viele Fragen offenkundig unbeantwortet: Die Studie basiert auf Eigenangaben der Befragten, und es gibt keine Resultate dazu, wie der informelle Sprachgebrauch konkret aussieht. Wird nur mit einzelnen englischen Wörtern hantiert, wechseln die Jugendlichen nach jedem Satz oder fĂŒhren sie ganze GesprĂ€che auf Englisch? In zukĂŒnftigen Forschungen wird Davydova den Zusammenhang zwischen âAffective Engagementâ, also den emotionalen Reaktionen auf englischsprachige Medien und der subjektiv empfundenen Englisch-Kompetenz, weiter untersuchen.