- Linkedin führte Anfang Mai das Krönchenspiel „Queens“ ein, das an Sudoku angelehnt ist. Linkedin betont die positiven Effekte von Denkspielen und fördert das Teilen von Ergebnissen im beruflichen Netzwerk. Gaming ist laut Analyst Karol Severin im Mainstream angekommen, mit über 77 Prozent der Konsumenten, die 2023 gespielt haben. Spiele helfen Plattformen, die Aufmerksamkeit und Gewohnheiten der Nutzer zu binden. Puzzmo hat es geschafft, durch strategische Kampagnen und kontinuierliche Spieleentwicklung aus der Masse herauszustechen.
Auf Linkedin wird hart gearbeitet. Ein Problem bringt die Köpfe im Karrierenetzwerk in letzter Zeit häufiger zum Qualmen: In welche der Zeilen passt noch ein Krönchen? Das fliederfarbene Kreuz in der Mitte wird umzingelt von senfgelb, blassgrün und abgetöntem Mint. Jede Farbe braucht ein Krönchen. Aber nur genau eines.
Bis vor Kurzem ging es auf Linkedin eher darum, berufliche Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Doch Anfang Mai führte die Internetplattform ein an Sudoku angelehntes Krönchenspiel namens „Queens“ ein. Es mag merkwürdig wirken, wenn eine professionell ausgerichtete Webseite plötzlich zum Spielen lädt. Doch Linkedin ist Teil eines Trends, der sich immer weiter verbreitet.
Keine Plattform ohne Spiel
Dieser Trend hat seinen Ursprung auf den Zeitungsrätselseiten. Besonders erfolgreich mit Spielen ist die „New York Times“, die das klassische Kreuzworträtsel zu einer Marke gemacht hat. Heute trägt eine ganze Reihe von Wortspielen zum Umsatz der Zeitung bei. 2022 bewies die „Times“ mit dem Kauf des Wortratespiels „Wordle“, dass die kleinen Spiele kein nettes Hobby sind, sondern ein ernsthaftes Geschäftsfeld darstellen. Auch Netflix bietet seit 2021 Handyspiele im Abo an, und Youtube testet sogenannte „Playables“. Die Puzzle-Plattform „Puzzmo“ ist nach einem Start im letzten Jahr auf zahlreichen Webseiten in den USA und Kanada präsent.
Aber warum tun sie das? Auf der Website „Intelligencer“ des „New York Magazine“ verbreitete John Herrman die These, dass Technologiekonzerne in immer neue Bereiche vordringen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Kunden an die Plattform zu binden.
Das tägliche Krönchen
Doch nicht jede Plattform hat den gleichen Ansatz. Manche Spieleangebote strahlen tatsächlich eine gewisse Wahllosigkeit aus. „75+ Games“ auf Youtube erinnern eher an einen Wühltisch als an ein sorgfältig kuratiertes Angebot. Linkedin jedoch hat sich diesen Vorwurf nicht gefallen lassen müssen. „Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Linkedins Spiele Spaß machen“, titelte Verge-Reporter David Pierce. Eine Linkedin-Sprecherin erklärte, dass Mitglieder angeregt werden sollten, „während des Arbeitstages hin und wieder eine kurze Auszeit zu nehmen und den Geist zu trainieren“. Dafür wurden drei Spiele eingeführt, die jeweils nur einmal täglich gespielt werden können und „nur wenige Minuten Zeit in Anspruch nehmen“.
Linkedin betont die möglichen „positiven Effekte“ von Denkspielen und ermöglicht es den Spielern, ihre Ergebnisse leicht mit dem beruflichen Netzwerk zu teilen. Die Spiele sollen Mitgliedern helfen, „in Kontakt zu bleiben“, „Beziehungen aufleben zu lassen“ und „neue Kontakte zu knüpfen“.
Gesättigte Aufmerksamkeit
Karol Severin, Analyst bei MiDiA Research, ordnet ein, dass Gaming „vollständig im Mainstream angekommen“ sei. Laut Severin haben mehr als 77 Prozent aller Konsumentinnen und Konsumenten 2023 gespielt. Spielefans geben überdurchschnittlich viel Zeit und Geld für Entertainment aus, und sie sind somit eine attraktive Kundengruppe. Zudem befinden wir uns im Zeitalter der „gesättigten Aufmerksamkeitswirtschaft“, in der die Aufmerksamkeitsdauer zu einer wichtigen Messgröße geworden ist. Spiele sind durch ihre täglichen Herausforderungen gut geeignet, neue Gewohnheiten beim Publikum zu verankern: Zuerst zur Krönchenrunde – und dann nochmal ins Netzwerk schauen.
Auffallen in der Masse
„Puzzmo“ hat es geschafft, aus der Masse hervorzutreten. Früher war es das Projekt zweier Indie-Entwickler, heute gehört es zum großen Medienkonzern Hearst. „Aufzufallen ist schwer“, erklärt Andrew Daines von Hearst. Doch der Erfolg zeigt: Viele Menschen haben auch noch Lust auf Rätsel. Der Konzern verschickte Rätsel an tausende Leute, um sie zum Mitmachen zu bewegen. Heute sind im Puzzmo-Team mehr als zehn Personen angestellt, die laufend weitere Spiele entwickeln. Das Legepuzzle „Pile-Up Poker“ steckte fast ein Jahr in der Entwicklung und wurde mit einer Kampagne gestartet, an der auch Lisa Hanawalt, Illustratorin und Produzentin der Netflix-Serie „Bojack Horseman“, beteiligt war.
„Puzzmo“ möchte die „Anlaufstelle für gut durchdachte Puzzles“ sein. Trotz der Herausforderungen lässt sich feststellen, dass sowohl Spiele als auch Plattformen auf ein großes und spielbegeistertes Publikum hoffen können.