- „Nosferatu“ von Robert Eggers vereint klassischen Gothic-Horror mit psychosexueller Spannung. Visuell beeindruckend, erschafft Eggers eine düstere Welt voller Schicksal und Bedrohung. Willem Dafoe und Lily-Rose Depp beeindrucken mit intensiven Darstellungen. Eggers’ Versuch, dem Vampir Orlok neue Facetten zu verleihen, zeigt gemischte Erfolge, bleibt aber faszinierend. Der Film verbindet zeitlose Themen in einer modernen Welt, schafft es aber, trotz neuer Ebenen Dracula stets treu zu bleiben.
„Nosferatu“ bleibt, auch in der fesselnden Neuinszenierung von Robert Eggers, ein unvergessliches cineastisches Erlebnis. Visuell berauschend und atmosphärisch dicht, vereint Eggers die ästhetische Opulenz eines klassischen Gothic-Horrors mit unterschwelligem Wahnsinn. Der Film zeichnet sich durch seine meisterhafte Inszenierung und die Fähigkeit aus, eine Prise psychosexueller Spannung einfließen zu lassen. Der Regisseur, bekannt für seine minutiöse Liebe zum Detail, erschafft hier eine düstere Welt, die vom Schicksal durchtränkt ist. Die Kinematographie von Jarin Blaschke lässt die Bilder fast monochrom erscheinen, fast als ob das Licht selbst ein Opfer der Dunkelheit geworden wäre. Seine erschreckend majestätische Kulisse suggeriert beinahe, dass die Dunkelheit die Charaktere zu verschlingen droht.
Ein dunkles Meisterwerk
Linguistisch weniger farbenfroh als die anderen Werke von Eggers, behält „Nosferatu“ dennoch eine fesselnde Sprachgestaltung bei, vor allem in den Dialogen um den Charakter des Dr. Van Helsing, verkörpert von Willem Dafoe. Dafoe bringt eine fesselnde Gravitas in die Darstellung ein, die meisterhaft die subtile, aber drückende Bedrohung des Vampirs kanalisiert. Die Handlung entfaltet sich, wie zu erwarten, um die bekannte Parabel des Bösen, das sich in das Herz der Zivilisation einschleicht, und doch gewinnt Eggers durch die dargestellte düstere Erotik eine neue erzählerische Dimension. Lily-Rose Depp, in der Rolle der Ellen, besticht durch ihre ausdrucksstarke Darstellung einer Frau, die in die verführerische Macht von Graf Orlok hineingezogen wird. Ihr Spiel verleiht ihrem Charakter eine überzeugende Authentizität und begeistert mit jeder Szene.
Eine Reise in die Dunkelheit der Transsilwischen Berge
Eggers’ Interpretation von Orlok, gespielt von Bill Skarsgård, fügt dem klassischen Horror-Charakter neue Facetten hinzu. Während des Films bleibt Orlok zunächst ein schemenhaftes Ungeheuer, dessen Macht sich in der Dunkelheit entfaltet. Doch der Versuch, dem bekannten Bild des Vampirfürsten etwas wirklich Neues hinzuzufügen, erweist sich als Herausforderung, die nicht immer vollständig gelingt. Nichtsdestotrotz bleibt die Faszination für das Morbide, die Eggers so eindrucksvoll inszeniert, durchgehend spürbar. Die Dramatik entfaltet sich durch ein visuelles Schattenspiel, das die Unvermeidlichkeit des Schreckens andeutet und die Zuschauer gefangen nimmt.
Letztendlich bleibt „Nosferatu“ tatsächlich mehr als nur eine Reminiszenz an seine Vorlage; es ist ein cineastisches Vexierspiel voller zeitloser Themen. Selbst in einer Welt, die von Pandemieängsten geplagt wird, trifft die Verbindung von Krankheit und Dunkelheit einen bewundernswert vielschichtigen Ton. In der Endbetrachtung bleibt jedoch Dracula – trotz aller künstlerischen Anstrengungen – eben doch nur Dracula. Aber in den Händen eines visionären Geschichtenerzählers wie Eggers wird jede Neuauflage dieses alten Mythos zu einer Gelegenheit, das Publikum in den Abgrund der eigenen Ängste zu führen. Es ist fast, als würde Eggers den Zuschauern anbieten, mit ihm „lecker zu leben” – ein Angebot, das schwer abzulehnen ist.