- Menschen in der Sportkneipe nutzen “Auracast”, um den Ton der Fußballspiele über Ohrhörer zu empfangen.
- Auracast ermöglicht es vielen Personen gleichzeitig, den Ton zu empfangen und wird ab Bluetooth-Version 5.2 unterstützt.
- Die Technologie bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten in Kneipen, Flughäfen, Bahnhöfen, Konferenzen und Kinos.
- Künftige Ohrhörer könnten dank KI-Unterstützung Freigespräche mit KI-Assistenten führen.
- Obwohl Auracast technisch ausgereift ist, fehlt es noch an breiter Nutzung in öffentlichen Einrichtungen wie Bahnhöfen und Flughäfen.
Es ist ein Samstagnachmittag in der Sportkneipe. Der Raum ist voll, doch eine seltsame Stille liegt in der Luft. Menschen stehen und sitzen an den Tischen und starren gebannt auf die Fernseher. Auf mehreren Bildschirmen laufen verschiedene Fußballspiele. Dennoch ist kein einziger Ton zu hören. Auf den ersten Blick scheint alles still. Doch warum tragen alle Ohrhörer?
Der Ton der Fußballspiele wird über „Auracast“ übertragen. Früher konnten Bluetooth-Standards immer nur zwei Geräte miteinander koppeln, wie etwa ein Handy und ein Kopfhörer. Diese Zeiten sind vorbei. Mit Auracast können viele Personen gleichzeitig den Ton empfangen, sofern die Technologie genutzt wird. Die Anwendungsmöglichkeiten dieser neuen Technologie sind vielfältig.
Von Bahnhöfen bis Kneipen
Angenommen, dieser technische Fortschritt ist bereits irgendwo in Deutschland Realität. Noch hat er die breite Kneipenlandschaft nicht vollständig erobert, aber Auracast wird schon von verfügbarer Hardware unterstützt. Ab der Bluetooth-Version 5.2 sind die technischen Voraussetzungen gegeben. Das mag unspektakulär klingen, doch der mögliche Mehrwert ist beträchtlich. Die Technologie war bereits auf vielen Messen zu hören, zuletzt wurde eine Demo auf der IFA in Berlin präsentiert. Hier zeigte sich die Technologie in einer gereiften Form, ohne jegliche Störungen auf verschiedenen, handelsüblichen Fernsehern, Laptops und Lautsprechern.
Kleine Sender können an jeden Fernseher angeschlossen werden und streamen den Ton direkt an die Kopfhörer. Dies funktioniert sowohl im Wohnzimmer als auch in der Kneipe. Private Audiostreams können passwortgeschützt werden, was zusätzliche Sicherheit bietet.
Barrierefreiheit und Komfort
Viele offensichtliche Einsatzmöglichkeiten für Auracast bieten sich an: Kneipen, Flughäfen, Bahnhöfe, Konferenzen und Kinos könnten alle maßgeschneiderte Audiostreams nutzen. Touristen könnten auf Englisch informiert werden, wo ihr Zug abfährt, Flugreisende würden nur ihr Gate hören und nicht alle Durchsagen gleichzeitig. Im Kino könnten Filme mehrsprachig vorgeführt werden, und bei Konferenzen könnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit ihren eigenen Headsets frei wählen, welche Bühne sie in welcher Sprache hören möchten. All dies ist technisch möglich und muss nur in die Praxis umgesetzt werden.
Rund 3,7 Millionen Menschen in Deutschland tragen ein Hörgerät. Für sie könnte Auracast einen wesentlichen Beitrag zur Barrierefreiheit leisten, da Bluetooth-fähige Hörgeräte nicht nur mit Handys gekoppelt werden können. Die junge Generation nutzt Ohrhörer ständig, um zu telefonieren, Podcasts zu hören oder Umgebungsgeräusche auszublenden.
Innovationen und Technologie
Der Trend geht dahin, dass viele Ohrhörer heutzutage eine zunehmende Schnittmenge mit Hörgeräten aufweisen. Apples jüngste Offensive zeigt dies deutlich: Der Technologiekonzern hat sich in den USA genehmigen lassen, dass AirPods Pro 2 als Hörgeräte verwendet werden können. Mit iOS 18 sollen im Herbst mehrere neue Funktionen eingeführt werden. AirPods werden dann in der Lage sein, Hörtests durchzuführen, Gespräche anzupassen und vor lauten Umgebungsgeräuschen zu schützen.
Künstliche Intelligenz spielt ebenfalls eine große Rolle. Unternehmen wie Google und Apple arbeiten daran, fortschrittliche KI-Funktionen in ihre mobilen Geräte zu integrieren. Künftige Ohrhörer könnten dann in der Lage sein, freie Gespräche mit KI-Assistenten wie Google Gemini zu führen, was noch mehr Nutzungsmöglichkeiten bietet.
Warten auf den Breiteneinsatz
Trotz vielversprechender Entwicklungen hat die Technologie noch einige Herausforderungen zu meistern. Apple-Intelligence wird wohl erst teilweise im Herbst kommen, einige Funktionen sind erst für 2025 geplant. Auch bei Google dauert es manchmal länger, bis neue Funktionen in europäischen Geräten verfügbar sind. Zudem wurde Googles KI-Lösung Gemini mehrfach dabei erwischt, sogenannte „Halluzinationen“ zu haben, sprich, falsche Informationen zu liefern.
Technisch ausgereift und einsatzbereit wirkt dagegen Auracast. Doch der Bluetooth-Flurfunk hilft bisher vor allem im heimischen Bereich, etwa bei gemeinsamen Fernsehabenden mit schwerhörigen Familienmitgliedern. Die breite Nutzung in öffentlichen Einrichtungen wie Bahnhöfen oder Flughäfen steht jedoch noch aus. Vielleicht lassen sich bald mehr Kneipenbesitzer überzeugen, diese innovative Technologie zu implementieren und den Gästen ein völlig neues audiovisuelles Erlebnis zu bieten.