- Ich habe Games schon als Kind geliebt.
- Geschichten in Spielen erzählen ähnlich wie Schauspielerei.
- Spiel “Tales of Kenzera: ZAU” dreht sich um Trauer.
- “Kenzera” ist der Name des Universums, “Zau” der Name des Protagonisten.
- Das Spiel ist für jeden zugänglich, auch für Neulinge im Genre.
Ich habe Games schon als Kind geliebt, das war immer mein Medium. Sie können Geschichten erzählen, in denen die Charaktere dich wirklich auf ihrer Reise mitnehmen, und du entwickelst dich mit ihnen. Für mich ist das sehr ähnlich wie Schauspielerei! Da gehe ich auch mit der Mentalität an eine Rolle heran, dass ich eine Geschichte erzählen will.
Und worum geht es in dem Spiel?
Ich habe den Wunsch, mit Menschen in Kontakt zu treten und Geschichten zu teilen. Das ist mein kreativer Antrieb. Für mich haben Geschichten eine Kraft, die über Sprache, über Rasse und Geschlecht hinausgeht. Uns alle verbindet eine Art Urgefühl dafür, wie es ist, ein Mensch zu sein. In unserem Spiel „Tales of Kenzera: ZAU“ dreht sich letztendlich alles um Trauer. Und das ist eine Reise, die wir leider alle irgendwann machen. Wir verlieren einen Elternteil, Freunde, Familienmitglieder, aber auch Haustiere oder sogar einen Job. Auf eine seltsame Art und Weise verbindet uns das alle miteinander. Ich will zeigen, dass wir als Menschen in diesem ganzen Prozess, den wir Leben nennen, nicht allein sind.
Den Titel müssen Sie aber erklären. Was ist ein Kenzera und was ist ein ZAU?
„Kenzera“ ist der Name des Universums, so wie „Mittelerde“ oder „Star Wars“. Die „Geschichten von Kenzera“ sind eine fiktive Welt, die ich erschaffen habe. Der Blick ist gewissermaßen afrozentrisch – da stecken Bantu-Mythologie und Afro-Futurismus drin. Und „Zau“ ist einfach der Name des Protagonisten, mit dem du auf die Reise gehst. Zau ist ein junger Schamane, der seinen Vater verloren hat und der sich auf einen Pakt mit dem Totengott einlässt, um ihn zurückzuholen.
Und das ist alles von Geschichten inspiriert, die mein Vater mir erzählt hat, als ich ein Kind war. Deswegen ist es auch ein Spiel über die Trauer; es ist eng mit meiner persönlichen Erfahrung verbunden, meinen Vater zu verlieren. Mein Vater war es auch, der in mir diese Begeisterung für Games und Technologie geweckt hat. Und die Bantu-Kultur kommt von Geschichten über meinen Großvater – er war ein Nganga, er hat mit Geistern gesprochen und Menschen spirituell geheilt. Nun will ich etwas aus diesen Einflüssen ziehen, aber ich will diese Inspirationen eher feiern, als das Publikum zu belehren. Geschichten sind dazu da, erzählt und genossen zu werden.
Wie haben Sie denn als Schauspieler einfach so ein Studio gegründet?
Auch in dem Job habe ich ja für Games gearbeitet. (Salim spielt in „Assassin’s Creed Origins“ die Hauptrolle Bayek). Also konnte ich viel von meinen Kontakten in der Branche lernen. Ich habe mit sehr vielen Leuten gesprochen und einen Haufen Fragen gestellt. Die Games-Community ist wahnsinnig offen, die Leute sind sehr hilfsbereit und geben ihr Wissen gerne weiter. Das hat mir nicht nur bei der Gründung geholfen, sondern auch dabei, das Studio zu führen.
Papa hat ja auch ständig das Handy in der Hand!
Kinder lernen von ihren Eltern, wie die Welt funktioniert und wie man sich in bestimmten Situationen verhält. Auch beim Gebrauch von Medien hat ihr Verhalten einen großen Einfluss. Doch ein gutes Vorbild zu sein ist gar nicht so einfach.
Und wie läuft die Arbeit?
Wir sind ein kleines Team. Meine Aufgabe ist es, die Vision und eine Richtung vorzugeben, aber ich will damit auch die Leute in meinem Team inspirieren, die Idee besser und cooler zu machen. Es ist nicht so, als hätte ich immer recht! Wir müssen einander vertrauen können und miteinander offen sein. Es gibt zum Beispiel eine Stelle, in der Zau in den Wald muss. Bisher war immer sein Vater dabei, jetzt muss er allein da durch. Die Vorstellung ist furchteinflößend. Also frage ich die Designer: Wie können wir Angst wecken? Und dann denken sie sich Fallen aus, Stacheln, die hervorschießen und die du nicht kommen siehst. Und dann müssen die Coder das programmieren. Wie setzen wir das genau um? Was ist mit dem Timing?
Wir versuchen immer, einen gemeinsamen Weg zu finden. Es ist wichtig, dass die Richtung stimmt, gerade bei so einem kleinen Team. Mich erinnert das an diese riesigen Trichterrutschen im Spaßbad. Alle werfen ihre Ideen in den Kreis, alles wirbelt durcheinander, aber plötzlich finden wir einen Weg, gemeinsam die Mitte anzusteuern und gemeinsam das Ziel zu erreichen.
Beim Anspiel habe ich weniger an Trichterrutschen gedacht, eher an Klassiker wie „Metroid“ und „Castlevania“. Wie passen solche labyrinthartigen Jump ’n’ Runs zu einer Erzählung über Trauer?
Für mich ist genau dieses Genre der perfekte Weg, über Trauer zu erzählen. In diesen Spielen wirst du in eine Welt geworfen, die dir völlig fremd ist. Jetzt musst du lernen, damit umzugehen. Mit der Zeit lernst du sie kennen. Und mit der Zeit kannst du deine eigenen Mittel und Wege finden, um dich in dieser neuen Welt zurechtzufinden.
Für mich spielt sich Trauer auf exakt dieselbe Weise ab. Du kannst dich niemals wirklich darauf vorbereiten. Du wirst einfach reingeworfen. Du steckst in einer neuen Welt, die niemals wieder so sicher oder behütet sein wird wie früher. Aber du kannst dich mit der Zeit irgendwie daran gewöhnen. Es geht nicht unbedingt darum, die Veränderung zu akzeptieren, aber mit der Zeit gibt es so etwas wie Heilung.
Das klingt einerseits nach einer universellen Erfahrung, andererseits nach einem schwierigen Spiel. Für wen eignet sich „Tales of Kenzera: ZAU“?
Ich bin mit der Herausforderung an die Sache gegangen, dass auch meine Mutter in der Lage sein soll, das zu spielen. Und da haben wir einen guten Job gemacht! Dieses Spiel ist für jeden zugänglich, auch wenn man neu in dem Genre oder bei Games überhaupt ist. Es gibt Schwierigkeitsgrade und offene Herausforderungen. Wenn du viel spielst und dich vertiefen willst, dann bieten wir dir einen schweren Modus, in dem du wirklich lernen musst. Letztendlich sollen sich alle eingeladen fühlen. Darum geht es ja bei einer Geschichte – dass wir sie mit möglichst vielen Menschen teilen.
Wie lange arbeiten Sie schon an dem Projekt?
Vier Jahre. Um das Studio von Grund auf neu aufzubauen, das Projekt in Gang zu bringen, den Deal mit Publisher EA zu unterzeichnen und um das Team zu finden, mit dem ich das Spiel gemeinsam entwickle. Das alles zu bauen, hat vier Jahre gedauert.
Klingt nach viel Arbeit. Geht es danach mit anderen Projekten weiter?
Auf jeden Fall. Wir haben noch viel Benzin im Kanister!