- Dutzende Neo-Nazi-Gruppen verlassen Telegram und wechseln zu SimpleX Chat aufgrund von Sicherheitsbedenken. Jack Dorsey unterstützt SimpleX, das keine Telefonnummern oder E-Mail-Adressen für die Registrierung verlangt. Extremistische Inhalte wie Waffenanleitungen und Propaganda werden auf SimpleX verstärkt verbreitet. SimpleX versucht, trotz Datenschutzfokus, Mechanismen zur Bekämpfung von Missbrauch zu implementieren. Die Plattform steht vor einem Balanceakt zwischen Datenschutz und der Verhinderung von Extremismus.
In den letzten Wochen hat eine bemerkenswerte Bewegung von Dutzenden Neo-Nazi-Gruppen stattgefunden, die den bekannten Messenger-Dienst Telegram verlassen und zur relativ unbekannten App SimpleX Chat überwechseln. Diese Plattform, die unter anderem finanzielle Unterstützung vom Twitter-Gründer Jack Dorsey erhalten hat, zieht nun verstärkt extremistisches Klientel an, das um seine Sicherheit fürchtet. Hintergrund dieses Umzugs ist die Festnahme des Telegram-Gründers sowie Bedenken, dass die Datenschutzrichtlinien auf Telegram nicht den notwendigen Schutz bieten.
Datenhafen SimpleX
SimpleX Chat verspricht Nutzern eine gewisse Diskretion, indem es keine Telefonnummern oder E-Mail-Adressen für die Registrierung verlangt und für jede Verbindung eine andere temporäre Identität verwendet. Dies macht die Überwachung und das Nachverfolgen der Nutzerdaten für Sicherheitsbehörden erheblich schwieriger. Eine besonders radikale Gruppe wechselte mit über 13.000 Anhängern zu SimpleX und lobte die Plattform trotz eines weniger glatten Interface als überlegen in puncto Schutz der Nutzeridentitäten.
Die auf SimpleX aktiven Gruppierungen haben sich nicht nur neu organisiert, sondern auch damit begonnen, Inhalte zu verbreiten, die weltweit als extremistisch und illegal eingestuft werden. Hierzu zählen Anleitungen für die Herstellung von Waffen und Raketen sowie Propagandahandbücher der Neo-Nazi-Szene. Diese neue Umgebung begünstigt die anonymisierte Verbreitung von Extremismus, die frühere Plattformen wie Telegram nicht bieten konnten.
Herausforderungen der Gefährdung
Innerhalb von nur einem Tag im September riefen Nutzer der App zu Gewaltakten auf, darunter auch Morddrohungen gegen prominente Politiker. Die britischen Entwickler von SimpleX, an ihrer Spitze Evgeny Poberezkin, betonen jedoch, dass trotz der Fokussierung auf Privatsphäre Mechanismen vorhanden sind, um den Missbrauch der Plattform zu bekämpfen. Es sei möglich, öffentliche Einstiegsportale zu identifizieren und zu entfernen, um so die Ausbreitung gewaltverherrlichender oder terroristischer Inhalte einzudämmen.
SimpleX steht vor der Herausforderung, einen empfindlichen Balanceakt zwischen Privatsphäre und der Bewahrung der Sicherheit zu meistern. Während die App eine Interaktion ohne zentrale Server ermöglicht, was potenziell zur Sicherheit der Nutzer beiträgt, birgt dieses System auch die Gefahr, als sicherer Hafen für extremistische Netzwerke zu fungieren, die ihre Pläne fernab der staatlichen Überwachung weiterverfolgen.