- Die Bundesnetzagentur hat ein Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung der Netzentgelte für Industriekunden veröffentlicht.
- Industrie und Gewerbe sollen reduzierte Netzentgelte zahlen, wenn sie bei hohem Stromangebot mehr Strom verbrauchen und umgekehrt.
- Das neue System ermutigt stromintensive Betriebe, ihre Stromabnahme an die aktuelle Erzeugungssituation anzupassen.
- Regionale Ausnahmen und Übergangsregelungen werden geprüft, um Belastungen in Regionen mit geringer dezentraler Einspeisung zu berücksichtigen.
- Die Effektivität der bisherigen Sonderregeln für Netzentgelte wird angesichts der Energiewende und veränderter Netzanforderungen neu bewertet.
Die Bundesnetzagentur hat heute ein Eckpunktepapier veröffentlicht, das die Weiterentwicklung der Regelungen zu den Netzentgelten für Industriekunden zum Ziel hat. Dieses Papier ist Bestandteil eines neuen Festlegungsverfahrens.
„Die bisherigen Netzentgeltrabatte sind nicht mehr zeitgemäß in einem Stromsystem, das stark auf erneuerbare Energien setzt. Wir möchten désormais ein Verbrauchsverhalten der Industrie fördern, das dem System dienlich ist. Industrie und Gewerbe sollen reduzierte Netzentgelte zahlen, wenn sie bei hohem Stromangebot mehr Strom verbrauchen und umgekehrt“, erklärt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.
Anpassung der Stromabnahme an aktuelle Preisentwicklungen
Das neue System sieht vor, stromintensive Betriebe zu ermutigen, ihre Stromabnahme an die aktuelle Erzeugungssituation anzupassen. Dies zeigt sich primär in den dynamischen Strombörsenpreisen.
Wer in Zeiten besonders niedriger Preise seine Stromabnahme erhöht und sie während hoher Preise reduziert, soll weiterhin von Netzentgeltprivilegierungen profitieren. Die technische Umsetzbarkeit und die Flexibilität der Industriebetriebe spielen hierbei eine entscheidende Rolle.
Dabei geht es nicht darum, die Verbraucher zu überfordern, sondern das vorhandene und zukünftig erreichbare Flexibilitätspotential optimal zu nutzen.
Regionale Ausnahmen und Übergangsregelungen
In Regionen mit geringer dezentraler Einspeisung erneuerbarer Energien können Belastungen lastbedingt entstehen. Dort möchte die Bundesnetzagentur klären, ob und wie regionale Ausnahmen gestaltet werden können, bis der Netzausbau bundesweit eine Stärkung des Marktsignals ermöglicht.
Übergangsfristen für Unternehmen sind vorgesehen, um die Anpassung ihrer Produktionen und die Realisierung von Flexibilitätspotentialen zu ermöglichen. Bestehende Vereinbarungen über individuelle Netzentgelte sollen nicht sofort ihre Gültigkeit verlieren.
Hintergrund Industrienetzentgelte
Die Netzentgelte beinhalten verschiedene Sonderregelungen für Industrie und Gewerbe, die zu einem bestimmten Verhalten motivieren sollen. Beispielsweise zahlen industrielle Verbraucher, die vom Jahreshöchstlastprofil abweichen, ein reduziertes Entgelt, wodurch die Netzdimensionierung begrenzt bleibt.
Die Bandlastregelung fördert hingegen eine konstante Stromabnahme. Rund 400 Bandlastkunden und 4200 atypische Netznutzer profitieren von Sondernetzentgelten nach § 19 Abs. 2 StromNEV und erzielen so erhebliche Netzentgeltreduzierungen, die durch eine Umlage an alle Netznutzer weitergeben werden.
Die Energiewende hat die Dynamik der Stromerzeugung und damit die Anforderungen an den Netzbetrieb grundlegend verändert. Demzufolge müssen auch die Anreize, die durch Sondernetzentgelte geschaffen werden, neu bewertet werden. Die Effektivität einer atypischen Netznutzung ist in Netzen mit hoher erneuerbarer Durchdringung stark reduziert. Hier verursacht der zusätzliche Netzausbau mehr Einspeisekosten als Lastkosten.
Die bisherige Bandlastprivilegierung hat unter den veränderten Bedingungen an Bedeutung verloren und setzt zunehmend Fehlanreize. Unflexibles Verbrauchsverhalten ist ökonomisch nachteilhaft und kann die Integration erneuerbarer Energien behindern.
Konsultation des Eckpunktepapiers
Die Bundesnetzagentur strebt einen intensiven Austausch mit der Branche an, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Die Konsultation erfolgt bis Mitte September, und die neuen Regelungen sollen Anfang 2026 in Kraft treten.