- Im Jahr 2024 erlebte die Videospielindustrie eine beispiellose Krise, mit massiven Entlassungen und einem Drittel der Entwickler betroffen. Die Kombination aus Missmanagement, steigenden Entwicklungskosten und wirtschaftlichen Unsicherheiten führte zu einer schweren Lage in der Branche. Die Indie-Szene litt besonders, da viele kleine Studios aufgrund fehlender Finanzierungsmöglichkeiten schließen mussten. Trotz Erfolgen wie “Balatro” und “Hi-Fi Rush” konnten selbst größere Studios den wirtschaftlichen Druck nicht entkommen. Die Diskussion über Diversität und der Einsatz von KI werfen neue Fragen für die Zukunft der Spieleentwicklung auf.
Für die Menschen, die Videospiele entwickeln, war 2024 ein Jahr des Überlebenskampfes. Auf der jährlichen Game Developers Conference im März wurde ein Mantra beschworen, um die Moral hochzuhalten. Einige griffen zu drastischen Maßnahmen, da die Entlassungen in der Branche Rekordhöhen erreichten und Entwickler online für Verschwörungstheorien angegriffen wurden. Über 10.000 Entwickler verloren 2023 ihre Jobs, und ein Drittel der Spieleentwickler gab zu Jahresbeginn an, in irgendeiner Weise betroffen gewesen zu sein. Während es bei großen Studios wie Activision Blizzard zwar Erfolge gab, führte der zunehmende Einsatz von KI zu einer weiteren Abwanderung von Fachkräften. Innerhalb von sechs Monaten übertraf die Anzahl der Entlassungen in diesem Jahr die von 2023. Laut einem Berater aus der Spiele- und TV-Branche wird die Zahl der Arbeitsplatzverluste um etwa 40 Prozent höher sein als im Vorjahr.
Industrie im Umbruch
Der Grund für diese tiefgreifende Krise ist komplex und facettenreich, macht Ball deutlich. Nicht nur Kapitalismus, Missmanagement, Covid-19 oder Zinssätze sind schuld. Auch Entwicklungskosten, Studiostrukturen, Konsumausgaben und Spielpreise tragen zur Misere bei. Diese turbulente Phase ist besonders heftig, weil all diese Faktoren gleichzeitig wirken und keine seit Beginn der Entlassungen wirklich gelindert wurde. Hochkarätige Veröffentlichungen, wie „Suicide Squad: Kill the Justice League“, litten unter der Situation. Obwohl es viele Gründe dafür gab, reduzierten rechte Online-Gruppen die Probleme auf ein einziges Mantra: „Go woke, go broke“. Ihrer Logik zufolge ist ein Spiel, das schlecht abschneidet und auch nur einen Hauch von Diversität aufweist, nihilistischer als das Konzept der Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion.
Dennoch wurden 2024 auch herausragende Spiele veröffentlicht, darunter „Balatro“ und „Astro Bot“. Doch sie konnten die Herausforderungen, denen die Entwickler gegenüberstanden, nicht übertünchen. Trotz der Veröffentlichung dieser Spiele blieb das Meta-Narrativ der Videospielbranche im Jahr 2024 düster. Der Schmerz liegt nicht nur in Managementproblemen, sondern auch in den umfassenderen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, wie die steigenden Entwicklungskosten und die sich wandelnden Konsumgewohnheiten.
Unabhängige Entwickler kämpfen ums Überleben
Indie-Entwickler sind besonders betroffen. Dutzende kleiner Studios schlossen 2024 ihre Türen, und es ist schwer, das volle Ausmaß des Verlusts für die Branche zu erfassen, da viele dieser Studios leise und fast unbemerkt verschwanden. Mit schrumpfenden Finanzierungsmöglichkeiten suchten Entwickler nach alternativen Wegen zur Finanzierung ihrer Projekte. Einige übernahmen das Crowdfunding selbst. Zum Beispiel unterstützte der Macher von „Among Us“ andere Entwickler bei der Fertigstellung ihrer Projekte, während andere ihre Pläne in einer frühen Entwicklungsphase öffentlich machten, um Investoren anzuziehen. Gleichzeitig mussten sie sich gegen rassistische Angriffe der Anti-DEI-Gruppe verteidigen.
Selbst Studios im Besitz mächtiger Technologiekonzerne blieben von der Kontraktion der Branche nicht verschont. Microsoft schloss Arkane Austin und Tango Gameworks, während Sony den Vorhang für Firewalk fallen ließ. Trotz eines erfolgreichen Releases blieb dies für Sicuro Studios keine Rettung. Der universelle Beifall für Tangos „Hi-Fi Rush“ konnte Microsoft nicht davon abhalten, Entlassungen vorzunehmen. Dies unterstreicht die anhaltenden Herausforderungen für Unternehmen in einer sich wandelnden Branche, in der selbst Erfolge kaum Schutz bieten.
Ein harter Schlag für Moral und Innovation
Die Entwicklergemeinde erlebte einen spürbaren Rückschlag in der Moral. Als Entwickler im Juni in Los Angeles zum Summer Game Fest zusammenkamen, widmete sich New Blood Interactive der Ehrung jener Kollegen, die ihre Arbeitsplätze verloren hatten. Die Stimmung war gedrückt, die Verzweiflung spürbar. 2024 schien fast eine Wiederholung des berüchtigten Jahres 2014 zu sein, als Gamergate die Welt der Spiele erschütterte. Doch diesmal werden alte Taktiken mit neuen Mitteln wiederbelebt, während sich Online-Gruppen gegen jede Form der Diversität verschworen.
Trotz all dieser Widrigkeiten blickt Ball auf 2025 mit einer Mischung aus Pessimismus und vorsichtigem Optimismus. Es gibt vermehrt Neueinstellungen in der Branche, doch dieser positive Trend kann die Entlassungswelle bei weitem nicht aufwiegen. Insbesondere Indie-Studios stehen vor Herausforderungen. Während das Jahr 2024 zu Ende geht, scheint die Branche nach außen hin geschäftsmäßig weiterzulaufen. Bei den Game Awards Anfang Dezember reflektierte der Moderator Geoff Keighley über die traurige Realität der weitreichenden Entlassungen. Dies beeinflusst nicht nur die Spiele, die wir spielen dürfen, sondern umso mehr die Menschen, die sie entwickeln.
Am Horizont tauchen neue Unsicherheiten auf, insbesondere durch den Einsatz von KI in der Spielentwicklung. Diese Veränderungen werfen Fragen über die Art und Weise auf, wie Spiele in Zukunft aussehen könnten. Während das Jahr 2025 näher rückt, bleibt abzuwarten, wie die Branche mit den Herausforderungen der Gegenwart umgeht und ob nachhaltige Beschäftigung und faire Vergütungen wieder in den Vordergrund treten können. Spiele wird es weiterhin geben, doch wie viele Menschen an ihrer Entwicklung beteiligt sein werden, bleibt eine offene Frage.