- Candise Lin verbindet durch ihre Videos die westliche und chinesische Social-Media-Welt und wird zur Kulturbotschafterin. Lin hat eine stabile Einnahmequelle aus ihrer TikTok-Präsenz etabliert und ergänzt ihr Einkommen als Lehrerin. Lin meidet politische Themen und konzentriert sich auf harmlosere Trends, um Kontroversen zu vermeiden. Ihr Erfolg begann mit einem viralen Video über englische Namen mit seltsamen Bedeutungen auf Kantonesisch. Lin bleibt eine Brücke zwischen den Kulturen und bietet durch ihre humorvollen Videos Einsichten in die chinesische Internetkultur.
Eines Tages im Januar erwachte die in Kalifornien ansässige Social-Media-Influencerin Candise Lin und bemerkte, dass Hunderttausende sogenannter Netzbewohner plötzlich die chinesische Plattform „Red Note“ belagerten, die sie täglich nutzt. Lin mag nicht behaupten, das Phänomen läge allein an ihr, doch es illustriert prächtig, wie ihre Videos zur entscheidenden Brücke zwischen der westlichen und der chinesischen Social-Media-Welt avancierten. Für jene, die China ansonsten nur marginal kennen, wurde Lin zur unverhofften Kulturbotschafterin.
Seit Dezember 2023 hat Lin, deren Anhängerschaft auf TikTok und Instagram über 2,3 Millionen beträgt, eine Serie von Videos hochgeladen, die „Red Note“ auch im Westen als Anlaufstelle für schonungslose Makeover-Tipps bekannt machte. Diese lösten einen regelrechten Ansturm von Beauty-Influencern aus, die begannen, die App herunterzuladen. Lin hatte den westlichen Zuschauern schon lange einen seltenen Einblick in die chinesische Internetkultur gewährt, noch bevor „Red Note“ Millionen Amerikanern den direkten Zugang ermöglichte.
Ein verbindendes Element
Lucy White, eine 22-jährige Barkeeperin aus Schottland, die Lin auf Instagram folgt, vergleicht deren Inhalte mit einem magischen Portal in eine andere Welt, in der die Menschen zwar ähnlich sind, aber etwas anders. Lin hat es geschafft, eine stabile Einnahmequelle aus ihrer TikTok-Präsenz zu etablieren, was ihr Einkommen als Kantonesischlehrerin aufbessert. Doch trotz ihrer Berühmtheit muss sie sich mit Kontroversen herumschlagen, die sowohl von pro- als auch von anti-chinesischen Stimmen im Internet stammen. Kritik an China bringt ihr den Vorwurf ein, sie sei ein Agent der CIA, Lob dagegen den Vorwurf, ein CCP-Supporter zu sein. Daher meidet sie politische Themen und konzentriert sich auf harmlosere, amüsantere Trends.
Täglich durchforstet Lin das chinesische Internet nach den neuesten Promi-Streitereien, trendigen Memes oder verrückten College-Challenges. Diese übersetzt und erklärt sie in kurzen englischen Clips, stets gefolgt von ihrem charakteristischen, ausdruckslosen Blick in die Kamera. Oft wird sie gefragt, warum sie in ihren Videos niemals lacht. Sie erklärt, dass dies an den zahlreichen Wiederholungen liegt, um die besten Aufnahmen zu erzielen. Manchmal jedoch kann sie sich ein Lächeln nicht verkneifen, sehr zur Freude ihrer bewundernden Zuschauer.
Ein Blick hinter die Kulissen
Lin wurde in Guangzhou geboren und wanderte in ihrer Jugend mit ihrer Familie in die USA aus. Nach einem Doktorat in Pädagogischer Psychologie arbeitete sie als Dozentin und schlug den Weg der sozialen Medien ein, als die Pandemie ausbrach. Ein unerwarteter viraler Erfolg war ein Video, in dem sie englische Namen präsentierte, die auf Kantonesisch seltsame Bedeutungen haben. Dies eröffnete ihr eine neue Welt, die sie mit westlichen Zuschauern zu teilen begann.
Interessanterweise wird Lin auch von Selene Bai, einer 22-jährigen Verkaufsrepräsentantin aus Peking, beraten, die sie mit neuem Ideenfutter über aktuelle Internettrends ausstattet. Lin legt großen Wert auf die korrekte Darstellung diverser Facetten der chinesischen Kultur, um sowohl westliche als auch östliche Zuschauer gleichermaßen zu erreichen. Mit ihrer akademischen Ausbildung und Lehrerfahrung sorgt sie dafür, dass ihre Inhalte präzise und ansprechend sind.
Das Gleichgewicht halten
In einem Klima der politischen Spannungen zwischen den USA und China hat Lin ein eigenständiges Refugium geschaffen, indem sie politische Sensationen bewusst meidet. Ihr Fokus liegt auf trivialeren Themen wie Tanztrends, während andere sich komplexen politischen Fragen widmen. Diese Strategie hat ihr geholfen, eine neutrale Plattform zu bewahren, auf der unterschiedliche Perspektiven gewürdigt werden.
Lin hat bewiesen, dass, ungeachtet der kulturellen Unterschiede, Humor ein gemeinsamer Nenner ist, der die Menschen in China und den USA vereinen kann. Ihre Videos zeigen eine lebendige Welt voller Ironie und Witz, die auch von einem westlichen Publikum geschätzt wird. Lin bleibt eine Brücke zwischen den Kulturen und eine Quelle des Amüsements, die über Grenzen hinausreicht.