- Prochlorococcus-Bakterien sind winzige, aber bedeutende photosynthetische Organismen, die erheblich zur Sauerstoffproduktion der Erde beitragen. Das Entdecken von Nanotubes zeigt, dass diese Bakterien miteinander kommunizieren und Ressourcen austauschen können. Solche Verbindungen könnten tiefgreifende Auswirkungen auf ökologische Prozesse im Meer haben, darunter die Sauerstoffproduktion und die Kohlenstoffbindung. Beobachtungen in Córdoba offenbaren, dass Prochlorococcus und Synechococcus durch silbrige Nanotubes verbunden sein können. Forscher untersuchen nun, wie diese Strukturen die mikrobiellen Netzwerke und deren Umwelt beeinflussen.
Prochlorococcus-Bakterien, winzige Wunderwerke des Lebens, sind so minimalistisch, dass rund tausend von ihnen benötigt werden, um die Dicke eines menschlichen Daumennagels zu erreichen. Das Meer ist erfüllt von diesen Mikroben: Sie gelten als die bedeutendsten photosynthetischen Organismen des Planeten und erzeugen einen substanziellen Teil, nämlich 10 bis 20 Prozent, des Sauerstoffs in unserer Atmosphäre. Das bedeutet, dass das Leben auf unserer Erde maßgeblich von etwa drei Oktillionen dieser winzigen Zellen abhängt. Einst wurden sie von Biologen als isolierte Wanderer betrachtet, einsam treibend in der unermesslichen Weite des Ozeans. Doch die Population der Prochlorococcus könnte enger vernetzt sein, als bisher gedacht. Diese mikroskopisch kleinen Wesen könnten über weite Distanzen hinweg kommunizieren, nicht nur den Ozean mit Informationen und Nährstoffen bereichern, sondern auch das Innenleben ihrer anscheinend privaten Räume mit den benachbarten Zellen verknüpfen.
Eine Verborgene Verbindung
An der Universität Córdoba in Spanien wurden kürzlich Aufnahmen dieser Cyanobakterien unter dem Mikroskop gemacht. Eine der Zellen hatte sich mit einem langen, dünnen Schlauch an ihren Nachbarn angeheftet. Diese Beobachtung war kein Zufall. Die Entdeckung solcher Verbindungen zwischen Prochlorococcus-Zellen und dem benachbarten Bakterium Synechococcus wirft ein neues Licht auf diese Mikroben. In den Bildern waren silbrige Brücken zu sehen, die mehrere Zellen miteinander verbanden. Es stellte sich heraus, dass es sich bei diesen Strukturen um bakterielle Nanotubes handelte, die interzellulären Austausch von Nährstoffen und Ressourcen ermöglichen. Diese Erkenntnisse stellten grundlegende Annahmen über Bakterien infrage. Plötzlich wurden Fragen laut, wie viel die Prochlorococcus mit ihrer Umgebung teilen und ob es korrekt ist, sie als Einzeller zu betrachten.
Totally Tubular Entdeckungen
Viele Bakterien besitzen Mechanismen der Verbindung. Einige bilden Pili, eiweißartige Auswüchse, die den Austausch genetischen Materials ermöglichen. Und viele zeigen dendritische Strukturen, die DNA, RNA oder andere chemische Botschaften transportieren. Doch es waren die Vesikel, welche Forscher bei der Untersuchung von Prochlorococcus und Synechococcus im Fokus hatten, als sie plötzlich diese Nanotubes entdeckten. Nanotubes erweitern unser Verständnis bakterieller Kommunikation maßgeblich. Erstmals vor etwa 14 Jahren von Sigal Ben-Yehuda in Jerusalem beschrieben, erwiesen sich diese membrangeformten Röhrchen als determinative Transporteure von Molekülen innerhalb eines bakteriellen Netzwerks.
Die Prochlorococcus mit Nanotubes liefern eine völlig neue Perspektive: Diese Bakterien kommunizieren nicht nur innerhalb ihrer Art, sondern auch über Artgrenzen hinweg. Der Austausch in einem solch dynamischen Netzwerk könnte Einfluss auf fundamentale ökologische Prozesse haben, darunter die Sauerstoffproduktionsraten oder die Kohlenstoffbindung der Ozeane. Wissenschaftler der Universität Stockholm untersuchen nun, wie Nährstoffe innerhalb dieses Netzwerks fließen, um die Bedeutung dieser Verbindungen besser zu verstehen. Noch ist unklar, unter welchen Bedingungen sich diese Strukturen bilden und welche Rolle sie in der natürlichen Bakterienkommunikation spielen. Doch die Fragen dehnen sich aus: Existiert ein solches Netzwerk auch unter den wogenden Wogen des Ozeans?