- Die Unschärferelation erschwert das gleichzeitige Messen von Position und Geschwindigkeit in Quantensystemen. Forscher nutzen iterative Ansätze und Algorithmen, um vollständige Systemeigenschaften zu rekonstruieren. Quantencomputer könnten die Modellierung von Quantensystemen durch Quanten-Speicher verbessern. Ein Team reduzierte den Bedarf an Quanten-Speichern durch Verwendung von zwei Kopien eines Quantenzustandes. Neue Forschungsergebnisse zeigen Möglichkeiten für “quantum advantage” gegenüber klassischen Computern.
Die Untersuchung von Quantensystemen, also von Teilchensammlungen, die den gegenintuïtiven Regeln der Quantenmechanik gehorchen, ist keine leichte Aufgabe. Eine zentrale Säule der Quantenmechanik, die Unschärferelation, besagt, dass es unmöglich ist, sowohl die exakte Position als auch die Geschwindigkeit eines Teilchens gleichzeitig zu messen. Diese Informationen sind jedoch essenziell, um das Verhalten in einem solchen System zu verstehen. Forscher, die beispielsweise eine Sammlung von Elektronen studieren möchten, müssen deshalb erfinderisch sein. Sie könnten eine Box mit Elektronen nehmen, diese auf verschiedene Weisen stören und dann ein Bild vom Endzustand machen in der Hoffnung, die internen quantenmechanischen Dynamiken zu rekonstruieren. Ein entscheidendes Problem bleibt aber bestehen: Nicht alle Eigenschaften des Systems können gleichzeitig gemessen werden. Deshalb ist ein iteratives Vorgehen erforderlich.
Neue Ansätze in der Quantenspeicherung
Das Forscherteam beginnt mit dem System, stört es und misst. Danach wird dieser Prozess wiederholt, wobei in jeder Iteration jeweils ein neuer Satz von Eigenschaften gemessen wird. Durch das Zusammenfügen ausreichend vieler “Schnappschüsse” und der Verwendung von Algorithmen ist es möglich, die vollständigen Eigenschaften des ursprünglichen Systems zu rekonstruieren—oder zumindest sehr nahe heranzukommen. Dieser Prozess ist mühselig, aber in der Theorie könnten Quantencomputer dabei helfen. Diese Maschinen, die nach den Regeln der Quantenphysik funktionieren, könnten gewöhnlichen Computern überlegen sein, wenn es um das Modellieren von Quantensystemen geht. Sie speichern Informationen nicht in klassischer Binärform, sondern in einer komplexeren Form, genannt Quanten-Speicher. Dies eröffnet die Möglichkeit für detailliertere und genauere Beschreibungen von Teilchen und erlaubt es dem Computer, multiple Kopien eines Quantenzustandes zeitgleich im Arbeitsspeicher zu halten.
Revolutionärer Fortschritt in der Quantenforschung
Vor einigen Jahren gelang einem Team am California Institute of Technology der Nachweis, dass bestimmte Algorithmen zur Nutzung von Quanten-Speicher exponentiell weniger “Schnappschüsse” erfordern. Ihr methodischer Fortschritt war beeindruckend, setzte jedoch eine beträchtliche Menge an Quanten-Speicher voraus, was in der Praxis ein Hindernis darstellt. Quanten-Speicher ist rar und ein Quantencomputer besteht aus verflochtenen Quanten-Bits, die entweder für Berechnungen oder für Speicherzwecke, jedoch nicht für beides, verwendet werden können. Zwei unabhängige Forscherteams haben nun Wege gefunden, mit viel weniger Quanten-Speicher auszukommen. Ein Team der Harvard University zeigte, dass nur zwei Kopien des Quantenzustandes benötigt werden, um die Anzahl der erforderlichen “Schnappschüsse” des Quantensystems erheblich zu reduzieren. Dies verdeutlicht den unschätzbaren Wert des Quanten-Speichers.
Die Macht der Multiplen Kopien
Die beiden- oder drei-Kopien-Messungen sind weitaus mächtiger, als man vermuten würde“, bemerkte ein Wissenschaftler der Johannes Kepler Universität in Linz, Österreich. Um diese These zu untermauern, kombinierten Forscher Informationstheorie mit speziellen Techniken aus klassischen Simulationen der Quantenberechnung. Nahezu zeitgleich veröffentlichte ein Team von Google Quantum AI in Kalifornien ähnliche Ergebnisse, die sich auf die Anwendungen in der Quantenchemie konzentrierten. Diese kollektiven Ergebnisse verdeutlichen nicht nur die fundamentalen Ziele der Quanten-Community, sondern ebnen auch den Weg für praktische Fortschritte. In den neuen Forschungspapieren zeigt sich, dass Quanten-Speicher den Quantencomputern nicht unbedingt erlaubt, eine Aufgabe mit weniger Schritten, sondern mit weniger Daten zu erledigen.
Dieses Ergebnis wird von den Forschern als Ansatz betrachtet, bereits kurzfristig den sogenannten “quantum advantage” zu erzielen, also einen Vorteil gegenüber klassischen Computern zu erlangen. Dies bringt nicht nur Chancen in der theoretischen Forschung, sondern auch praktische Vorteile, indem es die Forschung an komplexen Quantensystemen erleichtert. „Wir kommen den Dingen, die wir wirklich in diesen physikalischen Systemen messen möchten, immer näher“, erläuterte ein Wissenschaftler von Google Quantum AI.