- Die Gesundheitsbranche hat bislang nichts Vergleichbares wie Ozempic erlebt, das als GLP-1-Agonist einen Kassenschlager-Status dank seiner Erfolgsquote zur Gewichtsabnahme erreicht hat. . Telemedizin-Startups bieten rezepturgestaltete GLP-1-Medikamente zu günstigeren Preisen an, wobei viele Anbieter keine strengen Anforderungen an Nachweise stellen. . Fast drei Viertel der erwachsenen US-Bevölkerung könnten von diesen Medikamenten zur Gewichtsreduktion profitieren, was die immense Nachfrage erklärt. . Es gibt Bedenken über die Qualität der rezepturgestalteten Medikamente, da die FDA diese nicht hinsichtlich Sicherheit, Qualität oder Wirksamkeit überprüft, bevor sie verkauft werden. . Die Nachfrage nach GLP-1-Medikamenten könnte die Liste der offiziell knappen Medikamente noch einige Zeit verlängern, und es bleibt abzuwarten, wie der Markt sich entwickelt.
Die Gesundheitsbranche hat bislang nichts Vergleichbares wie Ozempic erlebt. Ursprünglich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen, haben dieses Medikament und andere ähnliche Substanzen – bekannt als GLP-1-Agonisten – einen wahren Kassenschlagerstatus erreicht, dank ihrer bemerkenswerten Erfolgsquote als Mittel zur Gewichtsabnahme. Obwohl Ozempic in der Umgangssprache oft als Synonym für diese Art von Medikamenten verwendet wird, wird es offiziell nur außerhalb der zugelassenen Indikationen zur Gewichtsreduktion verschrieben. Durch die unaufhaltsame Nachfrage kam es seit 2022 in den USA zu einem Mangel an diesen Medikamenten. Sie sind quasi die „Taylor Swift Eras Tour“ der Pharmazie: Das Angebot ist begrenzt, die Preise sind astronomisch hoch und selbst Leute, die sich nicht großartig dafür interessieren, haben zumindest eine diffuse Ahnung davon, was passiert.
Alternativen aus der Apotheke
Wenn Medikamente offiziell knapp sind, erlaubt es die US-Gesetzgebung Apotheken, eigene „rezepturgestaltete“ Versionen dieser Medikamente herzustellen. Rezepturgestaltete Medikamente sind im Wesentlichen maßgeschneiderte Kopien; im Gegensatz zu Generika, die von der FDA zugelassene, markenlose Medikamente sind, die nach Ablauf von Patenten in den Markt eingeführt werden, sind Rezepturen als Ersatz vorgesehen und unterliegen nicht denselben Zulassungsprozessen. Telemedizin-Startups haben diesen Markt betreten und bieten rezepturgestaltete GLP-1-Medikamente zu günstigeren Preisen an. In den letzten zwei Monaten hat WIRED den Prozess des Bestellens von rezepturgestaltetem Semaglutid – dem Wirkstoff in Ozempic und Wegovy – bei einer Auswahl der prominentesten Telemedizinunternehmen in den USA getestet, um den Prüfprozess für potenzielle Patienten zu beobachten.
Zum Beispiel benötigten die meisten Unternehmen keine Laboruntersuchungen oder medizinischen Unterlagen, um das Medikament zu verschreiben. Einige verlangten lediglich, dass man Gesundheitsfragen beantwortet und manchmal Fotos und Ausweisdokumente hochlädt. Einzig Henry Meds erforderte eine synchrone Videokonferenz, die zu einer Anpassung der Behandlung führte. Trotz der unterschiedlichen Zulassungsprozesse war es erstaunlich einfach, diese verschreibungspflichtigen Medikamente zu erwerben, selbst ohne medizinische Notwendigkeit.
Ein Blick hinter die Kulissen
WIRED stellte fest, dass viele Telemedizinanbieter keine strengen Anforderungen an Nachweise stellen, wie z.B. den Body-Mass-Index (BMI). Beispielsweise verlangte Hims nur die Aufnahme eines Videos von sich selbst und bot eine Kombination anderer Medikamente an, wenn der BMI nicht ausreichte, um GLP-1-Medikamente zu verschreiben. Get Thin MD erkannte den Besteller als geeigneten Kandidaten für GLP-1-Medikamente an, aber wiederholte Probleme mit der Kreditkarte verhinderten eine Lieferung. Die anderen vier Unternehmen schickten jedoch Vials mit Semaglutid ohne weiteren Nachweis.
Die Nachfrage nach diesen Medikamenten ist so immens, dass Schätzungen zufolge bis zu 43 Prozent der US-amerikanischen Erwachsenen als übergewichtig gelten, während etwa 31 Prozent als fettleibig eingestuft werden. Das bedeutet, dass fast drei Viertel der erwachsenen Bevölkerung von diesen Medikamenten zur Gewichtsreduktion profitieren könnten.
Qualitätsfragen bei Compounding-Apotheken
Es gibt jedoch Bedenken über die Qualität der rezepturgestalteten Medikamente. Obwohl Compounding-Apotheken eine wichtige Rolle im US-Gesundheitssystem spielen, indem sie maßgeschneiderte Versionen lebensrettender Medikamente anbieten, betont die FDA, dass sie diese Medikamente nicht hinsichtlich Sicherheit, Qualität oder Wirksamkeit überprüft, bevor sie verkauft werden.
Einige prominente Anbieter rezepturgestalteter GLP-1-Medikamente gerieten wegen ihrer Praktiken in Schwierigkeiten. Beispielsweise ist Hallandale Pharmacy, ein beliebter Lieferant, für vergangene Unregelmäßigkeiten bekannt, einschließlich Bedenken hinsichtlich der Aufzeichnungen und der Bedingungen der Einrichtungen. Die FDA hat in der Vergangenheit ähnliche Probleme auch bei großen Pharmakonzernen festgestellt.
Eine unsichere Zukunft
Die Nachfrage nach GLP-1-Medikamenten könnte die Liste der offiziell knappen Medikamente noch einige Zeit verlängern. Falls der Mangel endet, müssten manche Apotheken ihre Produktion sofort einstellen, während andere Apotheken von diesem Boom weiter profitieren könnten. Es bleibt abzuwarten, ob die Telemedizinunternehmen in der Lage sein werden, die Nachfrage weiterhin zu decken, sobald der offizielle Mangel endet. Bis dahin bleibt abzuwarten, welche Wendungen der Markt nehmen wird, und viele Menschen könnten überrascht werden, wenn sie plötzlich auf markenrechtlich geschützte Medikamente umsteigen müssen und dabei deutlich höhere Preise zahlen.