- Die Cleveland Clinic und Piramidal entwickeln ein KI-Modell zur Überwachung von Intensivpatienten durch EEG-Daten. Das neue System zielt darauf ab, endlose EEG-Datenströme in Echtzeit zu analysieren und Anomalien sofort zu markieren. Piramidal erhielt Unterstützung von Y Combinator und sammelte sechs Millionen Dollar an Startkapital. Die Software soll langfristig ermöglichen, Hunderte von Patienten gleichzeitig zu überwachen. Die Entwicklung wirft ethische Fragen zur Nutzung und Speicherung von Gehirndaten auf.
Die renommierte Cleveland Clinic hat sich mit dem Startup Piramidal aus San Francisco zusammengetan, um ein KI-Modell zu entwickeln, das Patienten im Intensivbereich überwachen soll. Die Innovation basiert nicht auf Text, sondern auf Daten aus dem Elektroenzephalogramm (EEG). Diese werden durch Elektroden am Schädel gesammelt und von einem Computer ausgelesen. EEG überwacht die elektrische Aktivität des Gehirns, und Veränderungen dieser Aktivität können Probleme anzeigen. In der intensiven Krankenpflege untersuchen Mediziner EEG-Daten auf Hinweise wie Anfälle, Bewusstseinsveränderungen oder Rückgang der Gehirnfunktion.
Ein Neuer Ansatz zur Überwachung
Derzeit verlassen sich Ärzte auf kontinuierliche EEG-Überwachung, um abnormale Gehirnaktivitäten zu identifizieren. Allerdings ist es nicht möglich, jede Bewegung der Gehirnströme in Echtzeit zu verfolgen. Typischerweise werden EEG-Berichte alle 12 bis 24 Stunden erstellt und analysiert, um neurologische Probleme festzustellen, was mühsam und oft subjektiv ist. Imad Najm, ein Neurologe und Direktor des Epilepsiezentrums am Cleveland Clinic’s Neurological Institute, erklärt, dass diese Methode zeitaufwendig sowie erfahrungsabhängig ist. Das System, das von der Cleveland Clinic und Piramidal erarbeitet wird, soll endlose EEG-Datenströme auswerten und Anomalien binnen Sekunden markieren, was Ärzten ermöglicht, schneller zu intervenieren.
Erweiterte Möglichkeiten der KI
Piramidal wurde 2023 von Kris Pahuja und Dimitris Fotis Sakellariou gegründet, um ein umfangreiches Gehirn-KI-Modell zu realisieren. Pahuja, vormals in Produktstrategien bei Google und Spotify tätig, und Sakellariou, ein erfahrener Neuroingenieur, sind entschlossen, ein System aufzubauen, das neuralen Signale über verschieden Profil hinweg umfassend interpretieren kann. Die junge Firma erhielt Unterstützung durch Y Combinator und sammelte bisher sechs Millionen Dollar an Startkapital ein.
Die Entwicklung beinhaltet sowohl öffentlich zugängliche EEG-Daten als auch exklusive Daten von der Cleveland Clinic. Sakellariou hebt hervor, dass ihr Modell aus fast einer Million Stunden EEG-Daten von zigtausend sowohl gesunden als auch kranken Patienten besteht. Da Gehirnaktivitätsmuster individuell stark variieren, erfordert das Erstellen eines umfassenden Modells eine immense Datenmenge. Die Anpassungsfähigkeit eines solchen Modells gleicht jener, die man von Textprogrammen wie ChatGPT kennt, nur eben auf die Gehirnaktivitäten der verschiedenen Individuen bezogen.
Zukunftsträchtige Anwendungen und ethische Herausforderungen
Momentan wird das Modell mit retrospektiven Patientendaten feinjustiert. Schon bald sollen erste klinische Tests in einem kontrollierten Intensivpflege-Umfeld stattfinden. Langfristig soll die entwickelte Software es dem Kliniksystem ermöglichen, Hunderte Patienten gleichzeitig zu überwachen. Ein sanfter Rollout soll verhindern, dass das System falsche positive sowie negative Signale sendet, was gravierende Folgen haben könnte.
Während die anfängliche Fokussierung auf die Intensivpflege liegt, sieht Piramidal auch Potenzial in der Anwendung bei Epilepsie- und Schlafüberwachung. Zusätzlich wird mit Fällen von Teilnehmenden experimentiert, um die Systemgenauigkeit zu erhöhen. Es gibt zudem interessante Konsumanwendungen, wie etwa EEG-Ohrhörer zur Erfassung emotionaler Zustände. Solche Entwicklungen werfen allerdings Fragen auf, wie Gehirndaten genutzt und gespeichert werden sollen. Caroline Montojo von der Dana Foundation betont die Bedeutung frühzeitiger ethischer Rahmenbedingungen, um eine verantwortungsvolle Technologieentwicklung sicherzustellen.