- Bakterien existieren in nahezu jedem natürlichen Umfeld, einschließlich möglicherweise im Gehirn von Wirbeltieren. Wissenschaftler fanden Hinweise auf Bakteriengemeinschaften im Gehirn von Lachsen und Forellen, obwohl die Existenz eines menschlichen Gehirnmikrobioms umstritten bleibt. Die Physiologie von Fischen könnte auf relevante Erkenntnisse für menschliche Gehirne hinweisen, trotz deutlicher Unterschiede. Neue Forschungen zeigen, dass Fischgehirne nicht steril sind und eine Vielzahl aktiver Mikroben enthalten. Es wird vermutet, dass Bakterien das Gehirn vor der vollständigen Bildung der Blut-Hirn-Schranke besiedeln könnten.
Bakterien sind überall um uns herum, von den Tiefsee-Schloten bis hoch oben in den Wolken, bis hin zu den Spalten in unseren Ohren, Münder, Nasen und im Darm. Doch Wissenschaftler gingen lange Zeit davon aus, dass Bakterien im menschlichen Gehirn nicht überleben können. Die mächtige Blut-Hirn-Schranke, so dachte man, hält das Gehirn weitgehend frei von äußeren Eindringlingen. Aber können wir uns sicher sein, dass ein gesundes menschliches Gehirn kein eigenes Mikrobiom besitzt? In den vergangenen zehn Jahren lieferten erste Studien widersprüchliche Beweise. Diese Frage bleibt umstritten, da es schwierig ist, gesundes, nicht kontaminiertes menschliches Gehirngewebe zu erhalten, um mögliche mikrobielle Bewohner zu untersuchen.
Existenz eines Mikrobioms
Eine kürzlich in “Science Advances” veröffentlichte Studie legt nahe, dass es ein Gehirnmikrobiom in gesunden Wirbeltieren geben kann und tatsächlich existiert – speziell bei Fischen. Forscher der Universität New Mexico entdeckten Gemeinschaften von Bakterien, die in den Gehirnen von Lachsen und Forellen gedeihen. Viele der Mikrobenarten haben spezielle Anpassungen entwickelt, die es ihnen ermöglichen, im Gehirngewebe zu überleben und Methoden zu entwickeln, um die Barriere zu überwinden. Ein Physiologe, der das menschliche Mikrobiom an der University of Colorado Boulder untersucht und nicht an der Studie beteiligt war, steht der Idee skeptisch gegenüber, dass sich Mikrobenpopulationen im Gehirn aufhalten könnten. Er fand die neue Forschung jedoch überzeugend.
Fisch als Untersuchungsobjekt
Obwohl die Physiologie von Fischen in vielerlei Hinsicht menschlich ist, gibt es wesentliche Unterschiede. Dennoch, so betont ein an der Studie unbeteiligter Wissenschaftler der University of Colorado Boulder, lasse die Studie vermuten, dass dies auch für Säugetiere und Menschen von Bedeutung sein könnte. Das menschliche Darmmikrobiom spielt bekanntlich eine kritische Rolle im Körper, indem es mit dem Gehirn kommuniziert und das Immunsystem durch sogenannte Metaboliten speist. Daher ist es nicht völlig abwegig zu vermuten, dass Mikroben eine noch größere Rolle in unserer Neurobiologie spielen könnten.
Seit Jahren fasziniert eine einfache physiologische Tatsache Forscher: Der Abstand zwischen Nase und Gehirn ist ziemlich gering. Eine evolutionsbiologische Immunologin an der Universität von New Mexico untersucht die mukosalen Immunsysteme von Fischen, um besser zu verstehen, wie menschliche Versionen dieser Systeme, wie unsere Darmschleimhaut und Nasenhöhle, funktionieren. Salinas, die ebenfalls die Forschung anführte, entschied sich, ihre Vermutung bei Fischen zu überprüfen, indem sie DNA aus den Riechkolben von Forellen und Lachsen extrahierte und analysierte.
Neu entdeckte mikrobielle Aktivitäten
Die gesammelten Proben waren anfällig für Verunreinigung, sei es durch Bakterien im Labor oder aus anderen Körperteilen eines Fisches. Um sich abzusichern, untersuchte das Team das gesamte Mikrobiom der Fische, einschließlich Gehirn, Darm und Blut. Es stellte sich heraus, dass die Fischgehirne nicht steril waren. Der Riechkolben beherbergte erwartungsgemäß einige Bakterien, aber auch andere Teile des Gehirns enthielten mehr als gedacht. Ihre Hypothese war teilweise falsch: Das Gehirn der Fische wimmelte nur so von Bakterien.
Ihr Team dokumentierte, dass die Mikroben tatsächlich im Gehirn aktiv lebten, und nicht dormierend oder tot waren. Wenn dem so ist, wie kamen sie dort hin? Wissenschaftler vermuteten lange Zeit, dass alle Wirbeltiere, einschließlich Fischen, eine undurchlässige Blut-Hirn-Schranke haben. Salinas fragte sich daher, wie die Gehirne in ihrer Studie kolonisiert worden waren.
Durch den Vergleich mikrobieller DNA des Gehirns mit der von anderen Organen fand ihr Labor heraus, dass manche Arten möglicherweise früh in ihrer Entwicklung die Fischgehirne besiedelten. Sie vermutet, dass diese Arten die Fischgehirne frühzeitig während ihrer Entwicklung, bevor sich die Blut-Hirn-Schranke vollständig gebildet hatte, besiedelten. Dies suggeriert, dass Bakterienmechanismen entwickeln könnten, um diese Barriere zu überwinden und im Gehirn zu überleben.