- Der Herbst bringt kältere, nassere und dunklere Tage mit kahlen Bäumen und längeren Nächten.
- In sozialen Medien wird der Herbst zunehmend zelebriert, insbesondere auf TikTok und Instagram, wo ästhetische Videos von Herbstlandschaften und gemütlichen Szenarien geteilt werden.
- Eine Umfrage von 2016 in Deutschland zeigte, dass 23,2 Prozent den Herbst als unliebste Jahreszeit betrachteten, während nur 8,5 Prozent ihn als Lieblingsjahreszeit wählten.
- Der Trend der Herbst-Ästhetik hat in den letzten Jahren aus den USA nach Deutschland übergegriffen, angeführt von Influencerin Caitlin Covington.
- Die Psychologin Pia Lena Gran erklärt, dass der vorfreudige Blick auf Herbstfeste und Rituale positive Effekte auf das Wohlbefinden haben kann, während der Mangel an Tageslicht und Bewegung für den sogenannten Herbstblues verantwortlich sein kann.
Es ist kalt, es ist nass, es ist dunkel, kurzum: Es wird herbstlich. Unausweichlich werden die Bäume nun kahler und die Nächte länger. Vorbei sind die lauen Sommerabende, die Badetage am See. So mancher oder manche hat vielleicht schon die Übergangsjacke aus dem Schrank gekramt, vielleicht auch Mützen und Schals. Andere verbringen bereits viel Zeit in den eigenen vier Wänden, während draußen dicke Wolkendecken am Himmel hängen und Regentropfen am Fenster die Welt draußen verschwimmen lassen. Wie elendig es sein kann, wenn sich das Jahr langsam dem Ende neigt – oder vielleicht doch nicht?
Herbstphänomen in den sozialen Medien
Für viele Menschen ist der Herbst ganz offenbar mehr, als nur die lästige stürmische und verregnete Jahreszeit vor Weihnachten. Kurz vor dem kalendarischen Herbstanfang am 22. September sind soziale Medien, wie TikTok oder Instagram, geflutet von ästhetischen Videos, mit denen die User die rot-goldenen Blätter, die schweren Regenwolken und die kuscheligen Wollpullover herbeisehnen. All das gepaart mit Spaziergängen durch raschelndes Laub – oder die Lieblingsserie gemütlich eingemummelt auf der Couch verfolgen, während draußen Nebelschwaden vorbeiziehen. Herrlich! Herbstliebhaber zelebrieren das Schlürfen von gehypten Heißgetränken.
Doch wie ist denn nun unser Verhältnis zum Herbst? Die einen hassen, die anderen lieben ihn offenbar. Eine Umfrage aus dem Jahr 2016 in Deutschland zeigte: 23,2 Prozent der knapp 1000 Befragten gaben den Herbst als ihre unliebste Jahreszeit an. Nur 8,5 Prozent erkoren ihn zu ihrem Liebling. Damit landet er knapp vor dem Winter, wurde von Frühling und Sommer aber ganz klar abgehängt.
Herbsterlebnisse und -trends
Ob sich das bis heute, acht Jahre später, geändert hat? Aktuelle Zahlen gibt es dazu nicht. Zumindest in den sozialen Medien wird aber der Eindruck erweckt, dass der Herbst doch einige Liebhaber dazu gewonnen hat. In den vergangenen Jahren ist der Trend der Herbst-Ästhetik vermehrt aus den USA nach Deutschland geschwappt. Dort polarisierte vor allem die Influencerin Caitlin Covington. Immer, wenn sich die Blätter färben, reist die Creatorin nach Vermont und teilt unzählige ästhetische Herbstfotos.
Das herbstliche Motiv der Influencerin Caitlin Covington ging vor Jahren viral. Covington nahm es damals locker und postet auch heute noch fleißig ihre herbstlichen Fotos. „Wenn die meisten Menschen wirklich in ihr Herz schauen, lieben sie den Herbst wahrscheinlich auch“, sagte sie 2023 der britischen Presse. Augenscheinlich erkannten das auch die deutschen User. Zwar wird das Erntedankfest hierzulande nicht so groß gefeiert, wie „Thanksgiving“ in den USA, dafür gibt es „Pumpkin Patches“ – also hübsch gestaltete Kürbisfarmen – längst auch hier und Halloween gewinnt zunehmend an Beliebtheit.
Psychologische Auswirkungen des Herbstes
All das könnte ein Indiz dafür sein, wieso der Herbst generell mit offenen Armen empfangen wird: Der vorfreudige Blick auf Rituale und anstehende Feste hat laut Psychologin Pia Lena Gran einen positiven Effekt auf Menschen. „Es tut gut, wenn man sich auf etwas freuen kann“, erklärt sie. Kürbisse schnitzen, Suppe kochen, das Gruseln feiern. Auch mit einer Serie, die man immer wieder im Herbst schaut, lässt sich ein kleines Ritual kreieren, auf das man sich freuen kann. Das berühmteste Beispiel ist wohl die US-amerikanische Serie „Gilmore Girls“, die mit ihrem lieblichen Kleinstadt-Setting in den sozialen Medien immer wieder als die Herbstserie schlechthin gehypt wird.
Dennoch gibt es Faktoren, die erklären, wieso der Herbst noch immer nicht jedermanns Lieblingsjahreszeit ist. „Im Herbst gibt es weniger Tageslicht, was dazu führt, dass der Körper mehr Melatonin – also das Schlafhormon – freisetzt“, erklärt Gran. In den helleren Jahreszeiten habe man deswegen oft mehr Energie. Tageslicht führe außerdem zu der Ausschüttung des Glückshormons Serotonin, was die Stimmung positiv beeinflusst. Obendrein ist es im Sommer, aber auch im Frühling, draußen wärmer, weswegen man häufiger mehr unterwegs sei und sich dadurch auch mehr bewege. „Das hat einen Einfluss auf unser Wohlbefinden“, finde aber im Herbst seltener statt, so Gran.
Tipps gegen den Herbstblues
Manche Menschen verfallen in der dunkleren Jahreszeit dem sogenannten Herbstblues. Dieser beschreibt laut AOK-Krankenkasse eine „leichte depressive Verstimmung“, deren Gründe bisher noch nicht vollends bekannt sind. Es wird jedoch vermutet, dass der Mangel an Tageslicht und die dadurch fehlenden Glückshormone sowie fehlendes Vitamin D und vermehrtes Melatonin dazu beitragen können.
Wenn einen der „Herbstblues“ packt oder der Wetterwechsel einfach aufs Gemüt schlägt, sind diese Tipps von Gran schnell umsetzbar. Mit Blick auf die Rituale und die Feste rät die Psychologin: „Planen Sie angenehme Aktivitäten und schaffen Sie bewusst positive Erlebnisse.“ Auch ein Spaziergang bei Tageslicht, zum Beispiel in der Mittagspause, helfe, die Glückshormone anzukurbeln. Immerhin kann der Herbst auch viel mehr bieten, als nur trübes Regenwetter. Es gibt durchaus Tage mit goldenem Sonnenschein, an denen man sich an den bunten Blättern erfreuen kann.
Im Endeffekt ist und bleibt es individuell, welche Jahreszeit einem am meisten liegt, ob man sich die hohen Temperaturen zurückwünscht oder sich freut, wieder unter der Kuscheldecke verschwinden zu können. Der Herbst kommt und hält sicher für jeden Geschmack ein paar schöne Stunden bereit.