- Die Videospielindustrie erlebte massive Entlassungen, mit einem besonderen Druck auf den Erzählbereich. Erzähl-Designer sind überproportional von den Einsparungen betroffen, was den Zugang zur Branche erschwert. Carrie Patel von Obsidian Entertainment setzt auf menschliche Kreativität statt auf künstliche Intelligenz im Geschichtenerzählen. Das kommende Spiel “Avowed” bietet eine tiefgründige und fesselnde Geschichte mit einem Fokus auf menschlichen Input. Patel fördert eine integrative Führung und betont die Wichtigkeit von Teamdynamik und starker Führung.
Während die Videospielindustrie weiterhin von massiven Entlassungen erschüttert wird, steht insbesondere der Erzählbereich der Spieleentwicklung unter Druck. In den letzten Jahren fielen mehr als 30.000 Arbeitsplätze den Einsparungen der Jahre 2023 und 2024 zum Opfer, wobei Erzähl-Designer, die kreativen Köpfe hinter den spielbasierten Storyelementen, überproportional betroffen sind. Selbst die erfahrene Spielregisseurin Carrie Patel empfindet es als Glück, ihre Karriere zu einer Zeit begonnen zu haben, als der Einstieg in die Branche noch zugänglicher war. „Der Weg in die Spieleentwicklung scheint immer steiniger zu werden”, bemerkt Patel. „Ich höre oft von Kollegen, die erst vor wenigen Jahren eingestellt wurden, dass sie es genauso empfinden.“
Patel ist seit 2013 Teil von Obsidian Entertainment, wo sie ihre Karriere als Narrative Designer beim Rollenspiel „Pillars of Eternity“ begann. Später übernahm sie die Rolle des ko-leitenden Erzählers im 2018 erschienenen Nachfolger und arbeitete auch an der Erzählstruktur des 2019 veröffentlichten Spiels. Mit großer Begeisterung blickt sie nun auf die Veröffentlichung von „Avowed“, einem First-Person-Fantasy-RPG, das in derselben Welt spielt wie die bekannte „Pillars of Eternity“-Reihe. Das Spiel ist derzeit im Early Access für Windows PC und Xbox Series X verfügbar und wird ab dem 18. Februar offiziell herausgebracht.
Zukünftige Herausforderungen für Erzählkunst
In Zeiten, in denen die erforderliche narrative Expertise immer seltener wird, ist Patel besonders stolz, ein Spiel mit einer reichen und fesselnden Geschichte präsentieren zu können. „Ich denke, Rollenspiele, besonders in der Art, wie wir sie entwickeln, zeigen, dass Spieler an tiefgründigen und nuancierten Geschichten interessiert sind, die ihre Zeit respektieren”, meint sie. Obsidian’s Erfolg im Geschichtenerzählen beruht auch auf der Absage an künstliche Intelligenz. „Gute Spielgeschichten werden von talentierten Erzähl-Designern geschrieben”, erklärt Patel. Obgleich AI sich in der vergangenen Zeit immer stärker in den Entwicklungsprozess eingeschlichen hat – laut einer Umfrage gaben 52 Prozent der befragten Angestellten an, dass ihre Unternehmen generative AI bei der Entwicklung einsetzen – bleibt Patel skeptisch. Für sie wird keine Technologie die menschliche Kreativität ersetzen können. „Es sind die besonderen Geschichten, Dialoge und Charaktere, die bisher keine AI replizieren konnte”, fügt sie hinzu.
Kreative Führung und Teamdynamik
Trotz der Faszination für die Technologie und der Tatsache, dass viele Entwickler daran tüfteln, glaubt Patel fest an die Bedeutung menschlichen Inputs. Der Erfolg von Spielen mit komplexen Erzählstrukturen, wie sie sie entwickelt, zeigt, dass es ein Publikum für solche sorgfältig gestalteten, manchmal komplexen Spiele gibt. „Unser Ziel war nie, das längste Spiel zu kreieren, sondern ein herausragendes Abenteuer zu bieten, bei dem die Spieler das Gefühl haben, im Mittelpunkt einer packenden neuen Welt zu stehen”, betont sie. Ein gut funktionierendes Team brauche starke Führung, bei der die Entscheidungsstärke da ist, das Projekt in die richtige Richtung zu lenken. Auch solle man stets für Feedback offen sein, um die Dynamik des Teams kontinuierlich zu verbessern. “Ein Team sollte wie ein Organismus sein, der immer dazulernt”, nennt sie als wesentlichen Punkt.
Diese Ansätze stellen einen wohltuenden Kontrast zu den Rückschritten in der Diversitätspolitik einiger Technologieunternehmen dar. Während Firmen inzwischen Programme abbauen, die die Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion fördern, bleibt Patel fest davon überzeugt, dass starke Führung nicht durch maskuline Energie geprägt sein muss. Gegenüber der Vorstellung von Mark Zuckerberg, der kürzlich auf mehr “männliche Energie” in Unternehmen plädierte, setzt Patel auf eine integrative Herangehensweise: „Dieser Begriff ist mir nie bewusst über die Lippen gekommen”, bemerkt sie humorvoll und betont die Bedeutung eines differenzierten Führungsstils.


