- Immer mehr Verschwörungstheoretiker nutzen Telegram, um finanziellen Profit zu erzielen und demokratische Institutionen zu untergraben. Die Professionalisierung dieser Netzwerke zeigt sich in der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen sowie in der Konstruktion neuer Bedrohungsszenarien. Die Anzahl der monatlichen Beiträge auf Telegram hat im Sommer 2024 mit über 60.000 Beiträgen pro Monat einen neuen Höchststand erreicht. Monetäre Handlungsaufrufe, insbesondere Spendenaufrufe, haben politische Aufrufe im Jahr 2024 übertroffen und machen einen erheblichen Anteil der Mobilisierung aus. Österreichische Plattformen exportieren erfolgreich konspirationstheoretische Inhalte und Methoden nach Deutschland, doch finanzielle Einschränkungen bedrohen die Fortsetzung des Monitoring-Projekts der Bundesstelle.
In den virtuellen Gefilden des Messengerdienstes Telegram versuchen immer mehr Verschwörungstheoretiker, finanziellen Profit aus ihren Aktivitäten zu schlagen. Eine aktuelle Untersuchung der Bundesstelle für Sektenfragen warnt eindringlich vor den potenziellen Gefahren für die Demokratie, die von solchen Theorien ausgehen. Innerhalb der Plattform hat sich ein breites Netzwerk gebildet, das sich zunehmend professionalisiert zeigt. Insbesondere werden hier Produkte wie Nahrungsergänzungsmittel, politisches Merchandise und Ausrüstungen für Krisensituationen beworben. Die Ursprünge dieser “stabilisierten Gegenöffentlichkeit” liegen in der Protestkommunikation während der Corona-Pandemie.
Akteure und Reichweitensteigerung
Die Studie weist darauf hin, dass die Protagonisten dieser Netzwerke inzwischen ihre enorme Reichweite nutzen, um nicht nur Spenden einzuwerben, sondern auch kommerzielle Produkte und Dienstleistungen zu vermarkten. Neue Bedrohungsszenarien werden konstruiert, die gezielt Misstrauen gegenüber demokratischen Institutionen und wissenschaftlichen Erkenntnissen säen. In Zeiten kollektiver Verunsicherung neigen Menschen dazu, einfachen Erklärungsmustern und vermeintlich exklusiven Wahrheiten Bedeutung beizumessen. Diese Entwicklungen verdeutlichen die Studienautoren Felix Lippe und Philipp Pflegerl, die von einer umfassenden Professionalisierung der Szene sprechen.
Das zunehmende Volumen von Beiträgen auf Telegram übersteigt inzwischen die Zahlen aus der Hochzeit der Pandemie. Im Sommer 2024 wurden erstmals über 60.000 Beiträge pro Monat erreicht, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zur Vergangenheit.
Inhaltliche und geografische Expansion
Die Forschungen zeigen auch, dass einige Akteure ihre Reichweite während der Pandemie beträchtlich ausgeweitet haben und diese nun auch für monetäre Zwecke einsetzen. Bemerkenswert ist, dass die Anzahl monetärer Handlungsaufrufe zu Beginn des Jahres 2024 die der politischen Aufrufe übertraf. Spendenaufrufe sind hierbei die häufigste Form der Mobilisierung und machen 31,5 Prozent der Aufrufe aus. Zunehmend wird auch die Kommerzialisierung sichtbarer, insbesondere durch den Vertrieb alternativmedizinischer und konspirationstheoretischer Produkte, die 16,2 Prozent der Aufrufe betreffen.
Die Studie unterstreicht, dass rechtsextreme Gruppen bei dieser Art der Mobilisierung besonders aktiv sind. Interessanterweise boomt der Export dieser Ideen und Methoden nach Deutschland, wo österreichische Plattformen als “Exportschlager” gelten. Trotz mancher Kritik an der Arbeit der Bundesstelle wird auf die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit derselben hingewiesen. Bedauerlicherweise könnte das Monitoring-Projekt wegen finanzieller Einschnitte nicht fortgesetzt werden, obwohl bereits viel Fachwissen aufgebaut wurde. Eine Fortsetzung würde etwa 180.000 Euro erfordern.