- 15 führende Experten der öffentlichen Gesundheit der USA kritisierten Trumps Versuch, die USA aus der WHO zurückzuziehen. Präsident Biden hob Trumps Entscheidung auf, bevor sie umgesetzt wurde. Der angestrebte sofortige Austritt Trumps trifft auf Widerstand und rechtliche Herausforderungen. Ein Austritt der USA könnte die Fähigkeit zur Bewältigung von Infektionskrankheiten stark einschränken. Internationale Akteure zweifeln daran, ob sie die finanzielle Lücke nach einem möglichen US-Austritt füllen können.
Im Sommer 2020 versammelten sich 15 führende Köpfe aus dem Bereich der öffentlichen Gesundheit der USA, um einen Artikel für The Lancet, eines der renommiertesten medizinischen Fachmagazine, zu verfassen, der Donald Trumps Absicht kritisierte, die USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zurückzuziehen. Diese Entscheidung wurde später von Präsident Biden aufgehoben, bevor sie in Kraft treten konnte. Fast fünf Jahre später, zu Beginn von Trumps zweiter Amtszeit, öffnet sich erneut das Kapitel der Kontroversen um den Austritt der USA aus der WHO. Es ist ein Vorhaben, das sowohl auf Widerstand als auch auf drohende rechtliche Anfechtungen trifft. Ein von beiden Kongresskammern verabschiedetes Gesetz sieht vor, dass ein solcher Austritt ein einjähriges Vorankündigungsschreiben an die WHO erfordert. Doch Trump scheint auf einen sofortigen Austritt abzuzielen, ohne die Zustimmung des Kongresses einzuholen.
Lücken im Gesundheitsschutz
Der öffentliche Gesundheitsrechtler Lawrence Gostin von der Georgetown University Law Center sieht darin ein unverantwortliches und rechtswidriges Vorgehen, das rechtlich angefochten werden muss. Trump hat eine lange Geschichte der Kritik an der WHO und unterstellte dieser wiederholt Korruption sowie gravierende Managementversäumnisse bei der Covid-19-Pandemie. Historisch gesehen gehörten die USA zu den größten Unterstützern der WHO, was umso brisanter erscheint angesichts der wichtigen Rolle, die die Organisation im Bereich der Überwachung neu auftretender Krankheitsbedrohungen spielt. Die Fähigkeit der USA zur Bewältigung von Infektionskrankheiten wäre ohne WHO-Unterstützung stark eingeschränkt.
Strategisch gesehen ist die WHO ein kritisches Element, das sich von der Bekämpfung der Kinderlähmung bis zur Entwicklung lebensrettender Impfstoffe erstreckt. Ein Austritt könnte die Chancen der USA erheblich mindern, wichtige genetische Informationen und pathogene Proben zu erhalten, die für Impfstoffentwicklungen unerlässlich sind. Beispielsweise trägt die WHO wesentlich dazu bei, die jährliche Aktualisierung des Grippeimpfstoffs zu unterstützten, indem sie solche Proben bereitstellt.
Internationale Reaktionen
Sten Vermund, Chefarzt des Global Virus Network, betont die Frage, ob andere Industrieländer wie Australien, Japan oder die europäische Staaten bereit sind, die Ausfälle zu kompensieren, die durch das mögliche Ausscheiden der USA entstehen könnten. Organisationen wie die Gates-Stiftung oder der Weltbank könnten ebenfalls ihre Beiträge erhöhen. Ungeachtet dessen, bleibt die erhebliche finanzielle Lücke, die Trump mit seinem Vorhaben zurücklassen würde, eine große Herausforderung. Vermund zweifelt daran, dass andere diese Lücke dauerhaft schließen können, während Gostin unterstreicht, dass die US-finanzierten WHO-Programme in den Bereichen Polio und HIV drastisch geschwächt werden könnten.
Langfristige Konsequenzen
Eine Entziehung der finanziellen und personellen US-Ressourcen trifft die WHO besonders hart, da viele Mitarbeiter der US-Gesundheitsbehörden für die WHO arbeiten. Die Abrufung dieser Kräfte durch die Trump-Administration würde eine signifikante personelle Lücke erzeugen. Und obwohl manche Programme vielleicht nicht vollständig eingestellt werden, kann eine drastische Schwächung eintreten. Gostin argumentiert, dass diese Lücke nicht nur finanzielle, sondern auch sicherheitstechnische Implikationen hat, da der Austritt die Schutzmaßnahmen der USA gegen künftige Pandemien unterhöhlen könnte. Die Einsparungen durch Auslandshilfen werden möglicherweise durch kostspielige Inlandsvorbereitungen zunichtegemacht.
Die historischen Parallelen zu Reagans Kritik an der WHO in den 1980er Jahren sind unverkennbar. Unter seiner Leitung befand sich die WHO am Rande eines finanziellen Kollapses. Wie stark sich die aktuelle Situation auswirkt, hängt auch von der Bereitschaft anderer Nationen ab, das Vakuum zu füllen. Ob Präsident Trump erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten, doch die Debatte über die Rolle der USA in der globalen Gesundheitslandschaft dürfte uns noch lange begleiten.