- Im Jahr 1845 patentierte Robert Thomson den ersten pneumatischen Reifen, eine Erfindung, die heute alltäglich ist, aber kontinuierlich weiterentwickelt wird. Im Zeitalter der Elektrofahrzeuge werden Reifen hinsichtlich Effizienz, Reichweite und Umweltverträglichkeit zu einem zentralen Thema. Laut Michelin kann die Effizienz zwischen hochwertigen und minderwertigen Reifen um bis zu sieben Prozent variieren, was sich erheblich auf die Reichweite von Elektrofahrzeugen auswirkt. Elektrofahrzeuge erzeugen keinen Bremsstaub, aber der Reifenverschleiß ist im Vergleich zu Verbrennungsfahrzeugen um 20 Prozent höher. Trotz der potenziellen Vorteile von biologisch abbaubaren Reifen werden diese Technologien im Ersatzteilmarkt noch nicht umfassend eingesetzt.
Im Jahr 1845, inmitten der kreativen Schöpfungen wie dem elektrischen Zündsystem für Sprengstoffe und der wiederbefüllbaren Füllfeder, patentierte der schottische Ingenieur und Unternehmer Robert Thomson den ersten pneumatischen Reifen. Diese einst revolutionäre Erfindung ist heute alltäglich, doch erfährt stetige Weiterentwicklung. Im Zeitalter der Elektrofahrzeuge rücken Reifen erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn während die Sicherheit der Passagiere nach wie vor oberste Priorität hat, beeinflussen die passenden Reifen auch maßgeblich Effizienz und Reichweite. Zudem sind sie eine Quelle von Lärm und Umweltverschmutzung. Angesichts eines traditionellen globalen Reifenmarktes, der einen enormen wirtschaftlichen Wert darstellt und jährlich 2,5 Milliarden verkaufte Reifen verbucht, wittern Hersteller eine Chance. Die bevorstehende Abkehr von reinen Verbrennungsfahrzeugen verspricht einen Wettkampf um die Entwicklung des idealen Reifens mit dem perfekten Gleichgewicht von Umweltfreundlichkeit, Leistung und Effizienz.
Optimierung der Reichweite oder Langlebigkeit?
Die Maximierung der Reichweite ist bisher primär das Ziel. Laut Michelin kann der Effizienzunterschied zwischen hochwertigen und minderwertigen Reifen bis zu sieben Prozent betragen. Bessere Reifen reduzieren den Rollwiderstand, wodurch ein Fahrzeug weiter ausrollt, bevor es zum Stillstand kommt, und somit weniger Energie verbraucht. Eine Steigerung der Effizienz um sieben Prozent ermöglicht einem Elektroauto, eine größere Reichweite zu erzielen. Ein Fahrzeug, das mit schlechten Reifen 480 Kilometer schaffen würde, könnte mit guten Reifen 513 Kilometer bewältigen. Thomas Wanka, leitender Technologieentwicklungsingenieur bei Continental, erklärt, dass die Gummimischung und das Profil den Rollwiderstand beeinträchtigen. Hersteller experimentieren mit Nanomaterialien, um Leistung und Haltbarkeit zu verbessern. Biobasierte Alternativen werden ebenfalls erforscht.
Die Reduktion der Profiltiefe kann den Rollwiderstand verringern, doch das geht oft einher mit einer verkürzten Lebensdauer und erhöhtem Lärm. Continental behauptet, eine Lösung gefunden zu haben. “Wir haben spezielle weiche Gummimischungen entwickelt, die den Rollwiderstand und Lärm gleichzeitig senken können, ohne die Laufleistung zu beeinträchtigen”, sagt Wanka. Die Reifenindustrie argumentiert häufig, dass Verbesserungen in einem Bereich wie Effizienz, zu Lasten eines anderen, wie Haltbarkeit oder Nassgriff, gehen. Gunnlaugur Erlendsson, Geschäftsführer des auf EVs spezialisierten Reifenneulings Enso, betont, dass bereits existierende Technologien Reifen insgesamt verbessern können. Der Übergang zu Elektrofahrzeugen hat die Verbesserung von Effizienz, Haltbarkeit und Reifenverschmutzung entscheidender denn je gemacht.
Die Herausforderung durch Partikelverschmutzung
Während Elektrofahrzeuge keine Abgasemissionen erzeugen, bedeutet das nicht, dass sie emissionsfrei sind. Ein gängiges Missverständnis ist, dass das zusätzliche Gewicht von Elektrofahrzeugen den Bremsstaub erhöhen würde. Tatsächlich erfolgt das Bremsen in der Regel durch Rekuperation und nicht durch Reibung. Allerdings sind Reifenpartikel durch Abrieb eine Herausforderung. Studien von Michelin zeigen, dass Elektrofahrzeuge im Durchschnitt 20 Prozent mehr Reifenverschleiß als vergleichbare Verbrennungsfahrzeuge aufweisen. Diese Zahl wird von Kritikern genutzt, um Elektrofahrzeuge umwelttechnisch zu diskreditieren. Michelin argumentiert, dass dieser Unterschied auf das zusätzliche Gewicht, das höhere Motordrehmoment und das weniger ausgeprägte Ausrollen durch Rekuperation zurückzuführen ist.
Hersteller wollen die Partikelabgabe von Reifen minimieren, indem sie langlebigere Reifen produzieren. Es gibt erhebliche Unterschiede in der Haltbarkeit zwischen Reifenmarken. Michelin stellt fest, dass ein Reifensatz ihrer “CrossClimate 2”-Serie 1,5 Kilogramm Material während 20.000 Kilometer Laufleistung verliert. Der Branchendurchschnitt liegt bei 3,5 Kilogramm, während die schlechtesten Marken bis zu 8 Kilogramm abgeben können. Michelins Technologie “selbstadaptierend” passt sich an Straßentemperaturen an und reduziert durch Druckverteilung den Abrieb. Der Vergleich von Partikeln aus Reifenabrieb mit Abgasen ist kompliziert, da die Partikelgrößen variieren.
Trotz der potenziellen Vorteile von biologisch abbaubaren Reifen gibt es Hindernisse. Reifen sind entscheidend für die Sicherheit und dürfen nicht während ihrer Verwendung beeinträchtigt werden. Michelin arbeitet an der Verwendung von mehr recycelten Materialien in der Produktion, um Kreislaufwirtschaft zu fördern. Erlendsson erklärt, dass Reifen sich zwar verbessern können, die Branche jedoch noch nicht umfassend die vorhandene Technologie einsetzt. Besonders im Ersatzteilmarkt, der 90 Prozent des Gesamtabsatzes ausmacht, bleiben Innovationen oft aus.
Reifen der Zukunft: Eine allgemeine Verbesserung
Eine allgemeine Verbesserung der Reifentechnologie kann für alle Fahrzeugtypen von Vorteil sein. Hersteller wie Continental fokussieren sich darauf, die Laufleistung zu steigern und den Rollwiderstand zu reduzieren. Doch die größten Probleme im Bereich der Reifenachhaltigkeit rühren oft von schlechten Verbraucherpraktiken her. Viele Reifen werden viel früher ausgetauscht als nötig. Der massenhafte Austausch führt dazu, dass Milliarden von Reifenmaterial unnötig verschwendet wird. Bei diesen Herausforderungen bleibt die Branche gefordert, Innovationen nicht nur zu entwickeln, sondern sie auch breit zu nutzen und einzuführen.