- Menschen neigen dazu, ihre Intelligenz zu glorifizieren, obwohl Vögel ebenfalls beeindruckende kognitive Fähigkeiten zeigen. Vögel und Säugetiere könnten ihre neuronalen Schaltkreise unabhängig voneinander entwickelt haben. Forscher verglichen Gehirnstrukturen lebender Tiere, um evolutionäre Entwicklungen nachzuvollziehen. Neue Studien legen nahe, dass Intelligenz bei Wirbeltieren mehrmals entstanden ist. Erkenntnisse über die Intelligenz von Vögeln und Säugetieren könnten unser Verständnis der Evolution komplexer Gehirne beeinflussen.
Menschen neigen dazu, unsere eigene Intelligenz zu glorifizieren. Unsere Gehirne sind in der Lage, mathematische Gleichungen zu lösen, logisch zu denken, abstrakte Ideen zu erkunden und kritisch zu hinterfragen. Dennoch können wir uns nicht als alleinige Hüter des Denkens betrachten. Unter diversen nicht-menschlichen Spezies, die intelligente Verhaltensweisen zeigen, haben sich Vögel immer wieder als kognitiv hochentwickelte Kreaturen erwiesen. Sie planen ihre Zukunft geschickt, entwickeln komplexe Strategien, beispielsweise um Mülltonnen vor Eindringlingen zu sichern, oder erinnern sich an zehntausende von Samenverstecken in der Landschaft. Bemerkenswert ist, dass sie all dies mit Gehirnen vollbringen, die unseren völlig unähnlich sind: kleiner und ohne die hoch organisierten Strukturen, die normalerweise mit der Intelligenz bei Säugetieren in Verbindung gebracht werden.
Vögel vs. Säugetiere: Parallelität oder Unabhängigkeit?
Ein Vogel mit einem 10-Gramm-Gehirn vollbringt im Grunde dasselbe wie ein Schimpanse mit einem 400-Gramm-Gehirn, stellte ein Forscher heraus, der das Gehirn am Ruhr-Universität Bochum studiert. Forscher diskutieren seit langem über das Verhältnis zwischen Intelligenz bei Vögeln und Säugetieren. Eine Theorie besagt, dass Intelligenz bei Wirbeltieren – also bei Tieren mit einer Wirbelsäule, zu denen sowohl Säugetiere als auch Vögel zählen – nur einmal entstanden ist. Dies würde bedeuten, dass beide Gruppen die komplexen neuronalen Bahnen, die die Kognition unterstützen, von einem gemeinsamen Vorfahren geerbt haben: einem echsenähnlichen Wesen, das vor 320 Millionen Jahren lebte, als die Kontinente der Erde in einem großen Landmasse vereint waren. Eine andere Möglichkeit ist, dass die neuronalen Schaltkreise, die die Intelligenz bei Wirbeltieren unterstützen, unabhängig voneinander in Vögeln und Säugetieren entstanden sind.
Es ist eine Herausforderung, den evolutionären Werdegang zu rekonstruieren, da jede Spur des uralten Vorfahrenshirns im Laufe der Geologie längst verschwunden ist. Biologen greifen daher auf andere Methoden zurück, um die Entstehung dieser neurobiologischen Komplexität nachzuvollziehen, indem sie die Gehirnstrukturen heutiger ausgewachsener und heranwachsender Tiere vergleichen.
Die Forschung enthüllt tiefe Einblicke
Eine Reihe von Studien, die im Februar 2025 veröffentlicht wurden, liefert bislang die überzeugendsten Beweise dafür, dass Vögel und Säugetiere die neuronalen Bahnen, die Intelligenz erzeugen, nicht von einem gemeinsamen Vorfahren geerbt haben. Vielmehr scheint es, dass diese Strukturen unabhängig voneinander entstanden sind, was darauf hindeutet, dass die Intelligenz bei Wirbeltieren mehrmals entstand. Trotzdem entwickelten sich ihre neuronalen Komplexitäten nicht in völlig anderen Richtungen: Sowohl Vogel- als auch Säugetiergehirne zeigen überraschend ähnliche Schaltkreise, wie die Studien aufzeigten. Dies stellt einen Meilenstein im Bestreben dar, die verschiedenen Vorstellungen über die Evolution der Wirbeltierintelligenz zu integrieren und zu verstehen.
In einer Welt, die von künstlichen Formen der Intelligenz fasziniert ist, könnten diese Erkenntnisse uns lehren, wie komplexe Schaltkreise in unseren eigenen Gehirnen entstanden sind. Am bedeutendsten könnte sein, dass sie uns helfen, die Vorstellung zu verabschieden, wir seien die besten Kreaturen der Welt. Vögel haben einen vergleichbaren Weg eingeschlagen – auf ihre eigene Art.


