- “Kraven the Hunter” fühlt sich unzeitgemäß an, ähnlich wie frühe 2000er Comic-Verfilmungen. Der Film bietet schräge Charaktere mit einem gewissen Unterhaltungswert. Aaron Taylor-Johnsons Performance ist charmant, lässt aber sein volles Potenzial ungenutzt. Die Nebendarsteller, besonders Alessandro Nivola, verleihen dem Film Dynamik. J.C. Chandors Regiearbeit kollidiert oft mit dem gewünschten Ton des Films.
Als die Abspann von Sonys “Kraven the Hunter” über den Bildschirm flimmerte, fiel mir vor allem ein Gedanke ein: Dieser Film hätte im Jahr 2004 wohl besser gepasst. Trotz aller Erwartungen genoss ich “Kraven the Hunter”, denn ich war mit niedrigen Erwartungen hineingegangen und fühlte mich über die 120 Minuten weitgehend unterhalten. Der Film ist zweifellos rau, denn er scheint mit sich selbst im Streit darüber zu stehen, was er wirklich sein sollte. Dennoch besitzt er jene Qualität von “unglaublich dämlich, aber irgendwie auch amüsant”, die Filme wie “Fantastic Four” von 2005 oder “Watchmen” von 2009 so unterhaltsam machten.
Unzeitgemäße Unterhaltung
Und trotzdem fühlt sich die Produktion im Jahr 2024 fehl am Platz an, bis zu dem Punkt, an dem man kaum glauben kann, dass etwas derart veraltetes tatsächlich grünes Licht erhalten hat. Doch in dem Durcheinander steckt meiner Meinung nach ein gewisser Wert. Gewiss, es handelt sich um einen unbeständigen Film, aber er ist weit davon entfernt, die schlechteste Möglichkeit zu sein, zwei Stunden an einem faulen Nachmittag zu verbringen. Es ist unwahrscheinlich, dass “Kraven the Hunter” bald auf irgendeiner Bestenliste von 2024 auftaucht, doch wenn man ihn als Ode an die Comic-Verfilmungen der frühen 2000er betrachtet, reicht er durchaus aus.
Wenn es darum geht, “Kraven the Hunter” zu beschreiben, dann sind es schräge Charaktere, die alberne Dinge tun und sagen. Aaron Taylor-Johnson, mit seinem anziehenden Erscheinungsbild, sticht dabei heraus. Bekannte Rollen wie Dave Lizewski in “Kick-Ass” oder Ray Marcus in “Nocturnal Animals” haben ihn als dunkel und verschroben gezeigt. Doch in Kraven bleibt er der geradlinige Actionheld, was er gut macht, auch wenn sein innerer Freak gelegentlich durchschimmert. Leider darf er diesen nicht ganz entfalten.
Indies auf der Leinwand
Was die Nebendarsteller betrifft, tummelt sich in Kraven eine Riege von Indie-Schauspielern, die Bekanntheit erlangt haben, ohne im Blockbuster-Mainstream beheimatet zu sein. Christopher Abbott glänzt als Fremder, Fred Hechinger brilliert als Dmitri Smerdyakov, während Crowe als Nikolai Kravinoff eine Mischung aus russischem Gangster und extravaganzem Schauspiel darbietet. Der eigentliche Star, der dem Film jedoch den meisten Schwung gibt, ist Alessandro Nivola als Aleksei Sytsevich, besser bekannt als The Rhino. Nivola liefert eine Performance, die so überzogen ist, dass sie fast schon virtuos wirkt.
Doch die größte Herausforderung für “Kraven the Hunter” besteht in der Regiearbeit von J.C. Chandor. Chandor, ein Regisseur, der in den frühen 2010ern mit Filmen wie “Margin Call” brillierte, ist hier sichtlich außerhalb seiner Komfortzone. Er versucht, die Handlung zu erden, indem er einige tiefgründige Themen behandelt, doch es gelingt ihm nur bedingt.
Modernes versus Altmodisches
Der Versuch, dem Film eine ernstere Note zu verleihen, scheitert meist an der albernen Vorlage. Die Besetzung scheint sich eher an einem campigen Ansatz orientieren zu wollen, der mit Chandors ernsterem Stil kollidiert. Das Resultat ist ein unterhaltsames Durcheinander, das mehr Spaß macht, als es auf den ersten Blick verdient. Tatsächlich ist Kraven das filmische Äquivalent eines nostalgischen Rückblicks: unvollkommen, manchmal albern, aber letztlich liebenswürdig.