- Tom Finn entwickelte eine innovative Lösung zur Unterstützung seines an vaskulärer Demenz erkrankten Vaters durch AR-Technologie. Finn gründete das Start-up Strolll, um virtuelle Linien zur Hilfe von Menschen mit Parkinson zu nutzen. Strolll entwickelte die AR-Software Reality DTx in Kooperation mit der Universität VU Amsterdam. Eine klinische Studie bestätigt die Wirksamkeit der AR-Technologie bei der Verbesserung motorischer Fähigkeiten. Strolll zielt darauf ab, bis 2029 weltweit führende Rehabilitationssoftware zu werden.
Im Jahr 2018 brachte Tom Finn seinen Vater Nigel zu einem Physiotherapie-Termin. Nigel lebte mit vaskulärer Demenz, die oft Symptome aufweist, welche denen der Parkinson-Krankheit ähneln. Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Störung, die motorische Symptome wie Zittern, Steifheit und Gleichgewichtsstörungen verursacht. Nigel verlor die Fähigkeit, selbstständig zu gehen. Der Physiotherapeut zeigte Tom eine Technik namens Cue-Markierung: farbige Linien auf dem Boden, die Parkinson-Patienten helfen können, Gehschwierigkeiten zu überwinden. Finn stand dem skeptisch gegenüber. Es schien ihm unwahrscheinlich, dass Linien auf dem Boden seinem Vater helfen könnten. Doch zu Hause legte er farbige Trainingsbänder in der Küche aus und sah erstaunt zu, wie sein Vater problemlos darüber lief.
Innovation durch Augmented Reality
Diese Technik, bekannt als externes Cueing, nutzt visuelle, auditive oder taktile Hinweise – farbige Bänder auf dem Boden, den Takt eines Metronoms oder physische Berührungen – um nicht von der Krankheit betroffene neuronale Bahnen zu aktivieren. Claire Bale von Parkinson’s UK erläutert, dass dies den Menschen helfen kann, sich zu konzentrieren und den ersten Schritt zu wagen, um ein „Freezing“ zu überwinden. Trotz seiner Erfolge sah Tom Finn diese Intervention als zu simpel an. Doch als Augmented-Reality-Brillen auf den Markt kamen, dachte er über deren Potenzial nach, virtuelle Linien auf den Boden zu projizieren. Dies führte zur Gründung von Strolll, einem Start-up, das seine Vision verwirklichen wollte.
Zwei Jahre später hatte Strolll keine Mitarbeiter und nur noch etwa 50 Pfund in der Kasse. Hier betrat Jorgen Ellis die Bühne, ein Neuseeländer mit Erfahrung in Start-ups. Er war von der Technologie begeistert, nachdem er Finn getroffen hatte. Ellis wurde CEO und begann damit, die wissenschaftliche Gültigkeit des AR-basierten Cueings zu demonstrieren.
Fortschritte und Erfolge
Zusammen mit den Wissenschaftlern der Universität VU Amsterdam, die bereits an ähnlichen Konzepten arbeiteten, entwickelte Strolll die Technologie namens Reality DTx weiter. Statt physischer Bänder wie ursprünglich eingesetzt, simuliert Strollls AR-Software farbige Linien, die vor dem Träger auf dem Boden erscheinen und verschwinden, sobald sie überschritten werden. Eine klinische Studie bestätigte die Anwendbarkeit dieser Technologie und zeigte aussichtsreiche Ergebnisse.
Darüber hinaus könnte die Software auch bei der Rehabilitation in Zeiten des Physiotherapeutenmangels helfen. Enthalten sind AR-Spiele, die funktionale Bewegungen fördern, um Menschen mit Parkinson-Erkrankungen zu unterstützen. Mark Ross, der selbst von Parkinson betroffen ist und bei Strolll als Markenleiter fungiert, betont, dass diese Spiele helfen können, Apathie und Depression, die oft mit der Krankheit einhergehen, zu überwinden. Die Gamifizierung der Übungen mache diese viel attraktiver.
Kosteneffizienz und Zukunftsaussichten
Die AR-Technologie von Strolll wird über das Magic Leap Headset genutzt, das etwa 3.000 Pfund kostet. Strolll berechnet monatlich mehr als 300 Pfund für seine Dienste. Ellis argumentiert, dass dies kosteneffizienter sei als zahlreiche persönliche Therapiestunden. Das ultimative Ziel des Unternehmens ist es, die weltweit meistgenutzte Rehabilitationssoftware zu werden. Sie haben einen klaren Zeitrahmen im Blick: Bis Silvester 2029 sollen 7 Millionen Minuten Rehabilitation pro Woche mit dem Strolll-Gerät durchgeführt werden. Ellis ist optimistisch, dass die Technologie in Zukunft für eine Vielzahl neurologischer Erkrankungen eingesetzt werden könnte, vom Schlaganfall bis zur Multiplen Sklerose – er sieht nahezu grenzenlose Möglichkeiten.